6 Monate Haft! Polizist (26) wegen Tonband verurteilt

Ein Polizeieinsatz vom Juni 2021 gipfelte am Donnerstag vor dem Richter am Wiener Landesgericht. Die Vorgeschichte: Wie berichtet, rückte die Polizei bei Wienerin Anna H. an, weil sich ihr damaliger Ehemann aggressiv verhalten hatte. Statt Hilfe bekam die 37-Jährige allerdings eine Strafe von 200 Euro wegen "Lärmerregung und Anstandsverletzung".
Der Polizist hatte die Mutter angezeigt, da diese ihm gegenüber gesagt haben soll: "Ich wusste nicht, dass es in Österreich so blöde und inkompetente Polizisten gibt." Eine Freundin der Mutter hatte den Einsatz auf einem Tonband festgehalten. Auf diesem war der Satz jedoch nicht zu hören, woraufhin Anzeige und Strafe fallen gelassen wurden – und sich nun stattdessen der einschreitende Beamte wegen Amtsmissbrauchs vor Gericht verantworten musste.
Polizist empfand Einsatz als "sehr stressig"
Vor Gericht erinnerte sich der 26-jährige Polizist an den "sehr stressigen und hektischen" Einsatz: "Herr H. War ruhig und kooperativ, Frau H. war das Gegenteil. Es war extrem hektisch und mühsam. Schreiereien von allen Seiten. Ich kann mich nur darauf stürzen, woran ich mich erinnern kann."
Der Angeklagte bekannte sich nicht schuldig, betonte jedoch: "Ich übernehmen Verantwortung, das tut mir leid. Mir war dieser Satz so in Erinnerung. Wenns nicht so war, tut es mir leid. Ich hätte es nicht zur Anzeige gebracht, hätte ich nicht zu 100 Prozent gedacht, dass der Satz so gefallen ist."
Zum Zeitpunkt des Einsatzes war der beschuldigte Polizist neun Monate im Einsatz und hatte bis dahin etwa 300 Anzeigen verfasst. Wie das genau vor sich geht, erklärte er vor Gericht. "Ich schreibe was sich beim Einsatz zugetragen hat in ein Notizbuch. Die Anzeigen basieren auf den Notizen und meinen Erinnerungen. Wir haben keine Bodycams."
6 Monate bedingt für Polizisten
Auf die Frage der Staatsanwältin, ob es während der Polizeiausbildung Schulungen zu häuslicher Gewalt gegeben hätte, erklärte der Beschuldigte: "Wir haben einmal ein Szenario durchgespielt, man kann das aber nicht wirklich simulieren. Außer einer Online-Schulung gibt es keine wirklichen Schulungen dazu."
"Meine Mandantin ist froh, dass Gerechtigkeit eingetroffen ist. Das ist ein Zeichen an alle Frauen, dass ein solches Vorgehen von Beamten Konsequenzen hat."
Nach der Zeugeneinvernahme kamen Schöffen und Richter rasch zum Urteil: Der Polizist fasste 6 Monate bedingt aus – nicht rechtskräftig. Anwältin Fux und ihre Mandantin zeigen sich erleichtert. "Meine Mandantin ist froh, dass Gerechtigkeit eingetroffen ist. Das ist ein Zeichen an alle Frauen, dass ein solches Vorgehen von Beamten Konsequenzen hat."
Beamtenstatus trotz Verurteilung
Weiters fordert Fux: "Der Ausbildungsplan bei der Polizei gehört, betreffend dem Umgang mit Opfern von häuslicher Gewalt, unbedingt angepasst. Es kann nicht sein, dass vor Gericht Polizisten sagen, sie hätten keine Ausbildung dazu bekommen."
Der betroffene Beamte kann seinem Job trotz Verurteilung weiterhin nachgehen. Erst ab einem Strafausmaß von 12 Monaten verlieren Polizisten ihren Beamtenstatus.
