Ukraine

Tränen, kein Wasser – doch "Wille ist ungebrochen"

Der Ukraine-Krieg geht auch nach dem Schock-Moment rund um einen Raketeneinschlag in Polen weiter. Ein Korrespondent berichtet im Ö1-Morgenjournal. 

Nikolaus Pichler
Auch die Polizeistation von Mykolajiw wurde zerstört. 
Auch die Polizeistation von Mykolajiw wurde zerstört. 
IHOR TKACHOV / AFP / picturedesk.com

Erneut scharf verurteilt hat der UNO-Sicherheitsrat Russland nach dem Raketeneinschlag in Polen. Zwar handelt es sich offenbar um eine fehlgeleitete ukrainische Abwehrrakete. Dennoch ist für die UNO klar, dass Russland dafür verantwortlich ist. In den vergangenen Tagen kam es erneut zu starken Bombardements in dem vom Krieg gebeutelten Land. Auch in Mykolajiw.

Dort befindet sich aktuell auch der Journalist und "Standard"-Korrespondent Klaus Stimeder. Für das Ö1-Morgenjournal schilderte er seine Eindrücke. Die Stadt im Süden zwischen Odessa und Cherson sei schwer beschädigt, weil sie seit Kriegsbeginn den Angriffen am heftigsten augesetzt sei, so Stimeder im "Ö1"-Gespräch. "Seit Ende Februar vergeht keine Woche, in der hier nicht die Cruise-Missiles einschlagen oder Drohnen herumfliegen", zeichnet Stimeder ein Bild des brutalen Alltags in der Stadt. 

Mykolajiw wird zu Geisterstadt

"Entsprechend ist es in manchen Teilen zur Geisterstadt geworden. Die Infrastruktur ist schwer beschädigt. Es gibt hier seit Monaten kein fließendes Wasser und oft stundenlang keinen Strom." Doch Stimeder betont auch: "Die Menschen, die bis jetzt hier geblieben sind, zeigen angesichts all dessen bis jetzt ein bemerkenswertes Durchaltevermögen." Stundenlang würden die Menschen in der Stadt an den entsprechenden Automaten um Wasser anstehen, um sich zu Waschen, ihre Klos zu spülen oder zu kochen, so der Journalist. 

Auch im befreiten Cherson war Stimeder bis vor wenigen Tagen. "Die Spuren, die die russischen Besatzer hinterlassen haben, sind überall sichtbar", so der Eindruck des Korrespondenten. Auch Plakate, die für die Teilnahme an den Schein-Referenden werben, seien noch zu sehen. Noch größer seien jedoch die inneren Wunden der Menschen in Cherson. "Bei fast allen brechen die Emotionen durch", so Stimeder. "Ich persönlich hab gestern in der kurzen Zeit mit so vielen Menschen wie möglich gesprochen. Und es gab keinen, der beim Erzählen nicht zu weinen angefangen und mich umarmt hat", so Stimeder.

Das ist Ziel des Kremls

Zu dem Raketeneinschlag in Polen meint Stimeder, dass sich Präsident Wolodimir Selenski ein "bisschen batschert" verhalten habe. Der Präsident stufte die Möglichkeit, dass es sich bei der Rakete um eine ukrainische gehandelt habe, bis zuletzt als hochgradig unwahrscheinlich ein. Nun ist klar, dass es sich wohl doch um ein ukrainisches Abwehrgeschoss handelte. "Was wirklich passiert ist, wird man erst nach der Untersuchung durch Polen und seine NATO-Partner wissen." 

Stimeder sagt mit Blick auf den bevorstehenden Winter, dass "der Widerstandswille weiter ungebrochen" sei. "Er hat sich sogar noch gesteigert, seit die Rückeroberung von Cherson-Stadt gelungen ist." Doch es bleibe das erklärte Ziel des Kremls, dass in der Ukraine "buchstäblich die Lichter ausgehen", so Stimeder. Solange sich daran nichts ändere, sei die Stimmung trotz aller Euphorie "natürlich düster".

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    Bei einem Raketen-Einschlag auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in einem polnischen Grenzdorf sind am 15.11.2022 zwei Menschen getötet worden.
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