Österreich

Tränen um umgesägten Baum

Heute Redaktion
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In der Nähe des Modena-Parks wurde ein 100-jähriger "Japanischer Schnurbaum" gefällt. Eine Anrainerin prangert das Vorgehen der Baumfällung an.

Während Stadtpolitiker dafür plädieren, dass mehr Bäume in Wien gesetzt werden, so kommt es immer wieder zu leichtfertigen Baumfällungen von bereits hundertjährigen Pflanzen in Wien. Wilhelmine Wagner, eine 81-jährige Anrainerin (Landstraße) prangert einen dieser Fälle an.

Gärtner: "Fällung wäre nicht notwendig gewesen"

"Es war der schönste Baum in unserer Nachbarschaft", erklärt sie und blickt auf den nun kahlen Platz im Richard-Strauss Hof im dritten Bezirk, der gleich neben dem Modena-Park angesiedelt ist. Sie befürchtet, dass der Baum nur aufgrund von Beschwerden der Anrainer entfernt wurde. Als der Baum gefällt wurde, gab es so manchen Protest der Nachbarn. Doch es war zu spät. Die Entscheidung war gefallen, der Baum wurde von der Stadt Wien entfernt. Wilhelmine Wagner entnahm auf eigene Faust eine Probe und fragte bei einem befreundeten Gärtner nach. Der bestätigte ihren Zweifel. "Der pathogene Pilzbefall war nur in einem Anfangsstadium, man hätte die abgestorbenen Äste entfernen müssen, aber eine Fällung wäre nicht notwendig gewesen", so das schriftliche Urteil des Gärtners in Ruhestand.

Wiener Wohnen: "Wir haben nach Vorschrift gehandelt"

Der Baum, mit einem Umfang von 4,70m und rund 25 Meter Höhe, ist nun weg. Wiener Wohnen antwortete auf Anfrage von "Heute", dass der Baum gemäß Baumschutzgesetz mit entsprechendem Bescheid entfernt wurde. Egal, ob Gemeindebau oder Eigentumshaus, ein solches Ansuchen auf Entfernung samt nachfolgender Ersatzpflanzung könne nur eingebracht werden, wenn ein Baum "aufgrund seines Alters oder einer Krankheit in einem schlechten bzw. absterbenden Zustand ist und aus Sicherheitsgründen (Stichwort: Astbruch) entfernt werden muss". Der Baum am Modenapark 8-9 wurde im Jänner 2019 von einem Wiener-Wohnen Sachverständiger begutachtet. Dabei wurde eben festgestellt, dass sich der Baum im Absterben befand und somit andere Menschen gefährdete. Eine Winterlinde wurde im Frühjahr als Ersatz gepflanzt.

Beschwerde wäre binnen 4 Wochen möglich gewesen

"Ich kann nicht bei jeder Baumfällung dabei sein und wenn es einen Bescheid gibt, dass andere Menschen gefährdet werden, dann ist das so", erklärt Bezirksvorsteher Erich Hohenberger (SPÖ) zu "Heute". Auch an ihn hatte sich Wilhelmine Wagner erfolglos gewendet. Prinzipiell ist es möglich, gegen einen Bescheid der Baumfällung Beschwerde einzulegen. Dies kostet 30 Euro und ist bis zu vier Wochen nach Bescheiderstellung beim Magistrat möglich. Leider hatte Frau Wagner diesen Bescheid nie gesehen, sondern bekam erst am Tag der Baumfällung mit, was passierte. Der Baum ist nun weg und auch die Beschwerde wird ihn nicht mehr zurückbringen. Wiener Wohnen hat nach Vorschriften gehandelt. Ein Amtssachverständiger hatte bestätigt, dass der Baum im Absterben und Holzfäule im Kronenansatzbereich aufwies. Andere Quellen, die anonym bleiben wollen, bestätigen im "Heute"-Gespräch, dass oft Bäume zu schnell gefällt werden, wie ein Arzt zu schnell einen Arbeitnehmer krankschreibt, kann es auch hier der Fall mit Bäumen sein.

Neuer Baum kostet rund 30.000 Euro in Wien

Wenn jemand in Wien einen Baum fällen will, dann muss er sich an das strenge Baumschutzgesetz halten. Bäume, die einen Stammumfang von mindestens 40 cm haben, egal ob auf privatem oder öffentlichem Grund, sind geschützt und können nur mit Bescheid entfernt werden. Wenn ein gesunder Baum beispielsweise auf privatem Grund entfernt wird, dann müssen in umliegender Nähe fünf neue Bäume gepflanzt werden. Wenn jemand illegal und ohne Bescheide Bäume entfernt, drohen Strafen. Wenn mehr als 20 Bäume entfernt werden, ist ein Strafrahmen in Form einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten oder einer Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen im Gesetz verankert.

Wien hat rund 90.000 Bäume

In den letzten Wochen ist das Thema der Stadtbäume im Zusammenhang mit "Klimaschutz in der Stadt" sehr präsent gewesen. Bäume dienen als natürliche Klimaanlage. Wien hat rund 90.000 Bäume und will weiter aufstocken. Bis 2025 sollen 10.000 neue Bäume gepflanzt werden. Was viele nicht wissen: die Kosten dafür sind enorm. Beispielsweise im "baumarmen" siebten Bezirk kostet ein neuer Baum rund 30.000 Euro. Den Bezirken fehlt dafür schlichtweg das Geld. Förderungen der Stadt Wien unterstützen die Bezirke, um das Ziel der 100.000 Bäume bis 2025 zu erreichen.

(no)