Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hat sein Kabinett am Dienstag über den von US-Präsident Donald Trump vorgelegten Friedensplan für den Gazastreifen informiert. "In Washington habe ich eine Vereinbarung mit Präsident Trump erzielt über ein Rahmenwerk für die Freilassung all unserer Geiseln und das Erreichen all unserer Kriegsziele", sagte Netanjahu am Dienstagabend beim Start der Kabinettssitzung laut einem von seinem Büro verbreiteten Video.
"Ich werde sowohl den Regierungsmitgliedern als auch den Mitgliedern des (Sicherheits-)Kabinetts einen detaillierteren Bericht vorlegen", fügte der Ministerpräsident hinzu.
Netanjahu hatte Trumps Plan am Montag bei einem Besuch im Weißen Haus zugestimmt. Der 20-Punkte-Plan sieht vor allem die Freilassung der verbliebenen israelischen Geiseln im Gazastreifen und einen schrittweisen Abzug der israelischen Armee aus dem Palästinensergebiet vor. Die radikalislamische Hamas soll dabei entmachtet werden und ihre Waffen abgeben.
Die USA wollen gemeinsam mit arabischen und internationalen Partnern eine "Internationale Stabilisierungstruppe" aufstellen, wie es im 20-Punkte-Plan weiter heißt. Zusätzlich soll eine Übergangsregierung aus "unpolitischen" Palästinensern und internationalen Experten für die Verwaltung des Gazastreifens und die Versorgung der Bevölkerung sorgen. Ein "Friedensrat" unter Trumps Leitung und mit Beteiligung des früheren britischen Premierministers Tony Blair soll die Arbeit dieser Expertenregierung überwachen.
International bekam der Friedensplan viel Zuspruch. Mehrere westliche Regierungen, darunter Berlin, London und Paris, stellten sich hinter die Vorschläge. Auch acht arabische und muslimische Staaten sowie die Palästinensische Autonomiebehörde bewerteten die Bemühungen des US-Präsidenten für ein Ende des Krieges positiv.
Trump setzte der Hamas am Dienstag eine Frist von "drei oder vier Tagen" für ihre Zustimmung zu dem Friedensplan. Die Hamas werde "in der Hölle zahlen", falls sie dem Plan nicht zustimmt. Aus palästinensischen Kreisen hieß es, die Beratungen der Hamas könnten mehrere Tage dauern.
Am späten Dienstagabend ordnete die Nahost-Expertin Petra Ramsauer die Geschehnisse in der "ZIB2" bei ORF-Moderator Armin Wolf ein. "Es schaut schon so aus, als hätten wir jetzt zum ersten Mal nach sehr langer Zeit einen Plan oder zumindest ein Konzept auf dem Tisch, das von vielen Seiten akzeptiert wird", so Ramsauer. Man warte noch auf eine Reaktion der Hamas, aber man sei "einem Ziel des Friedens doch sehr nahe gekommen".
Man könne den Friedensplan aber auch als Triumph für Netanjahu sehen, so die Expertin, aufgeweicht sei etwa das Bekanntnis zu einem palästinensischen Staat worden, enthalten sei es aber weiterhin. Ein Fortschritt sei der Plan jedenfalls, denn vor wenigen Wochen sei noch von Annexionsplänen und einer "Riviera" und einer "Vertreibung aller Palästinenser" die Rede gewesen. Die Hamas sei "massiv dezimiert worden", so Ramsauer, in Gaza erlebe man jetzt eine "zersplitterte" Terrorgruppe, keine Armee mehr, wie es sie vor dem 7. Oktober gab.
"Die Hamas ist unter Druck", so Ramsauer, und eine Entwaffnung sei im Friedensplan vorgesehen, ebenso freies Geleit in einen anderen Staat. Als Gruppe könne die Hamas aber dennoch weiter existieren, deswegen gebe es Anzeichen, dass die Hamas jetzt einlenken könnte. "Dieser Plan hat viele Detailprobleme", so Ramsauer, die den Abzug der Israelis und die Entwaffnung der Hamas als Beispiele nannte. "Es wird entscheidend sein, ob die Bevölkerung daran glaubt", so Ramsauer. Ohne Vertrauen werde es nicht funktionieren.