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Trump verurteilt nun doch die "abscheuliche Attacke"

Die Gewaltszenen am Kapitol sorgten für massive Kritik am US-Präsidenten. Nach einigem Zögern hat Donald Trump die Randale seiner Anhänger verurteilt.

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Nach heftiger Kritik hat US-Präsident Donald Trump den Sturm aufs Kapitol nun doch verurteilt.
Nach heftiger Kritik hat US-Präsident Donald Trump den Sturm aufs Kapitol nun doch verurteilt.
Reuters

Einen Tag nach der gewaltsamen Erstürmung des US-Kapitols hat der abgewählte US-Präsident Donald Trump die Randale seiner Anhänger in klaren Worten verurteilt. In einer Videobotschaft zeigte er sich am Donnerstag "empört" über den Angriff auf den Kongresssitz und kündigte strafrechtliche Konsequenzen für die Randalierer an. Zuvor waren Rufe aus dem Kongress nach einer vorzeitigen Absetzung Trumps laut geworden. Ihm wird vorgeworfen, für den Gewaltexzess mitverantwortlich zu sein.

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    Im Capitol in Washington spielten sich am Mittwoch verstörende Szene ab, die man bisher höchstens aus Hollywood-Filmen kannte.
    Im Capitol in Washington spielten sich am Mittwoch verstörende Szene ab, die man bisher höchstens aus Hollywood-Filmen kannte.
    Reuters/AFP

    Trump bemühte sich nun, die Wogen zu glätten. Er kritisierte "die Gewalt, die Gesetzesbrüche und das Chaos". Die Randalierer hätten "den Sitz der amerikanischen Demokratie geschändet". Wer das Gesetz gebrochen habe, werde dafür "bezahlen".

    Zugleich rief Trump das Land zur "Versöhnung" und "Heilung" auf. Die Gemüter müssten sich "abkühlen" und die "Ruhe wiederherstellt" werden, sagte er in der rund zweieinhalbminütigen Botschaft, die über den Onlinedienst Twitter verbreitet hatte. Twitter hatte Trumps Konto zuvor für 24 Stunden wegen seiner aufwiegelnden und irreführenden Aussagen über die Präsidentschaftswahl vom November gesperrt gehabt.

    Am Mittwoch hatte es Trump noch unterlassen, den Sturm auf den Kongress explizit zu verurteilen. Er hatte zwar die Randalierer aufgerufen, "nach Hause" zurückzukehren. Doch versicherte er ihnen zugleich: "Wir lieben euch."

    "Größte Ehre meines Lebens"

    In seiner neuen Videobotschaft bekräftigte Trump nun auch, dass er für eine ungestörte Machtübergabe sorgen wolle. Er werde einen "reibungslosen, geordneten und nahtlosen" Übergang zu "der neuen Regierung" sicherstellen. Die Amtszeit des Republikaners endet offiziell am 20. Januar. Dann soll der neugewählte Präsident Joe Biden vereidigt werden.

    Bereits einige Stunden zuvor hatte Trump eine "geordnete" Amtsübergabe angekündigt. In seiner neuen Botschaft räumte er aber so explizit wie bislang nie ein, dass seine Präsidentschaft zu Ende geht. Die Ausübung des Präsidentenamtes sei die größte "Ehre meines Lebens" gewesen, sagte Trump.

    Der Kongress hatte in der Nacht zum Donnerstag den Wahlsieg Bidens formell bestätigt. Zuvor hatten Repräsentantenhaus und Senat ihre Beratungen zu der Präsidentschaftswahl wegen der Randale stundenlang unterbrechen müssen.

    Trump-Unterstützer waren gewaltsam in das Kapitol eingedrungen. Sie zerschlugen Fenster und besetzten Räume. Wegen der Ausschreitungen mussten die Parlamentarier von der Polizei in Sicherheit gebracht werden. Eine Demonstrantin wurde im Kapitol von der Polizei erschossen.

    Trump hatte zuvor bei einer Demonstration in Washington seine Anhängerschaft mit der Wiederholung seiner völlig unbelegten Behauptung angestachelt, bei der Wahl habe es massive Betrügereien gegeben.

    Debatte über Absetzung Trumps

    Seine anstachelnden Worte und anfängliche Weigerung, den gewaltsamen Sturm seiner Anhänger aufs Kapitol nachdrücklich zu verurteilen, trat eine neue Debatte über eine Absetzung des scheidenden Präsidenten los. Wenn er nicht aus dem Amt entfernt werde, dann könne das Repräsentantenhaus ein neues Amtsenthebungsverfahren einleiten, drohte die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi.

    Die Diskussion dreht sich vor allem um den 25. Zusatzartikel zur US-Verfassung, laut der ein Präsident durch seinen Vizepräsident und die Mehrheit des Kabinetts als amtsunfähig erklärt werden kann. Doch auch ein erneutes Impeachment-Verfahren wurde etwa von der Kongressabgeordneten Ilhan Omar ins Spiel gebracht.

    Pelosi rief Vizepräsident Mike Pence, Außenminister Mike Pompeo und Finanzminister Steven Mnuchin namentlich auf – sie warte auf eine Entscheidung von ihnen. "Sind sie bereit zu sagen, dass dieser gefährliche Mann für die nächsten 13 Tage unserem Land weiteren Schaden antun kann?"

    Auch der ranghöchste Demokrat im Senat, Chuck Schumer, forderte den Amtsentzug. Pence und die Minister müssten den 25. Zusatz anwenden und Trump damit sofort des Amtes entheben. Er solle "nicht einen Tag länger" Präsident sein, sagte Schumer.

    Kaum weniger erbost zeigte sich mit dem Kongressabgeordneten Adam Kinzinger ein Parteigänger Trumps. Er rief das Regierungskabinett in einer Videobotschaft dazu auf, Trump aus dem Amt zu entfernen. Dabei verwies auch er auf den 25. Verfassungszusatz. Der Präsident sei ungeeignet und es gehe ihm nicht gut, sagte Kinzinger. Trump müsse nun die Kontrolle abgeben – freiwillig oder unfreiwillig.

    Mehrere Mitarbeiter treten vorzeitig zurück

    Nicht einmischen wollte sich der künftige US-Präsident Joe Biden. In einer Mitteilung seines Übergangsteams hieß es, Biden und seine gewählte Vizepräsidentin Kamala Harris seien auf ihre Pflicht fokussiert: die Vorbereitung des Machtübergangs zur Vereidigung am 20. Januar. Ob Trump mithilfe des 25. Zusatzartikels der Verfassung vor diesem Datum für amtsunfähig erklärt wird, werde Biden dem amtierenden Vizepräsidenten Mike Pence, dem Kabinett und dem US-Kongress überlassen.

    Als Reaktion auf die Ausschreitungen schmissen schließlich mehrere Mitarbeiter der Trump-Regierung vorzeitig hin. Gleich zwei Kabinettsmitglieder kündigten am Donnerstag ihren Rücktritt an – Bildungsministerin Betsy DeVos und Verkehrsministerin Elaine Chao, McConnells Ehefrau. Beide begründeten den Schritt mit dem Aufruhr am Kapitol, für den DeVos Trumps Rhetorik mitverantwortlich machte.