Coronavirus

TV-Star von Mob eingekreist, ORF muss Logos abkleben

Mit Videos von Angriffen, Beschimpfungen und Drohgebärden gegen Journalisten feiern sich Corona-Demonstranten im Netz. Die Lage ist brandgefährlich.

Rene Findenig
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    Zusammenstöße am Ring: Wieder provozierten gewaltbereite Demo-Teilnehmer die Einsatzkräfte und griffen Beobachter an.
    Zusammenstöße am Ring: Wieder provozierten gewaltbereite Demo-Teilnehmer die Einsatzkräfte und griffen Beobachter an.
    FLORIAN WIESER / APA / picturedesk.com

    Schon bei vergangenen Demos der Kritiker der Corona-Maßnahmen der Regierung in Wien musste "Puls24"-Journalistin Magdalena Punz von Sicherheitskräften begleitet werden – wegen Beschimpfungen, Drohgebärden und Einschüchterungsversuchen durch die Teilnehmer. Während die Organisatoren immer wieder die "friedlichen" Aufmärsche betonen, kommt es am Rande der Großdemos regelmäßig zu Angriffen auf Medienvertreter, Beobachter und auch vollkommen unbeteiligte Bürger.

    Dieses Mal, beim Aufmarsch der Demonstranten am Samstag, haben die Securities die Chef-Reporterin wohl vor Schlimmeren als "nur" Beleidigungen geschützt. Ein Video, auf Twitter geteilt von Puls-24-Chefredakteur Stefan Kaltenbrunner, zeigt, wie die Journalistin samt Kameramann und Sicherheitsleuten von einem aufgebrachten Mob umkreist und bedrängt wird. Ein Security schirmt Punz so gut es geht von den Provokateuren ab, immer wieder prasseln Schimpftiraden auf sie ein. 

    "Unsere Reporterin Magdalena Punz wurde heute auf der Demo bedroht, beschimpft und umkreist, sie musste von vier (!) Securities geschützt werden, um Ihre Arbeit machen zu können"

    Bizarr: Statt die Szenen zu verurteilen, feiern sich Demo-Teilnehmer gegenseitig und die Beteiligten auf einschlägigen Social-Media-Kanälen und im Chat-Messenger Telegram mit den Aufnahmen ab. "Unsere Reporterin Magdalena Punz wurde heute auf der Demo bedroht, beschimpft und umkreist, sie musste von vier (!) Securities geschützt werden, um Ihre Arbeit machen zu können. Die Stimmung auf dem Demos wird immer aggressiver und gefährlicher. Die Verantwortung dafür trägt auch die FPÖ, die die angespannte Situation weiter befeuert. Einige Personen wurden erkannt, die Behörden sind darüber informiert", berichtet Kaltenbrunner.

    "Ich war gut beschützt von unseren Securities. Die waren super und leider auch nötig", so Punz auf Twitter. Kein Einzelfall, alle Vertreter der von den Corona-Demonstranten beschimpften "System-Medien" sind im Visier gewaltbereiter Teilnehmer. "Es ist einfach nur mehr traurig und beängstigend. Ich hab bei der letzten Demo entschieden, als cvd (Chefin vom Dienst, Anm.): ORF Logos abpicken, schwarzer Mikroschutz. Damit meine Leute geschützt sind", berichtet auch ORF-Wien-Journalistin Kathi Weinmann nach den neuesten Protesten. Ein weiteres Video zeigt, wie eine andere TV-Reporterin von mutmaßlich betrunkenen Demo-Teilnehmern vor laufender Kamera bedrängt und sexuell belästigt wird.

    "Mit beschmierten Krankenhäusern, blockierten Einfahrten zu Notaufnahmen und an deren Arbeit behinderten JournalistInnen ist für mich ausgeschwurbelt"

    AK-Top-Jurist Philipp Brokes kritisiert die Attacken hart: "Mit beschmierten Krankenhäusern, blockierten Einfahrten zu Notaufnahmen und an deren Arbeit behinderten JournalistInnen ist für mich ausgeschwurbelt." Die gewaltbereiten Teilnehmer scheinen ihre Angriffe außerdem immer offener auszuleben: Am Samstag wurden laut Polizei Medienvertreter aus der Spitze der Kundgebung heraus in direkter Nähe von Polizisten attackiert – Angreifer schleuderten Schneebälle und Eisbrocken auf die Journalisten. 

    Immer wieder musste der Demo-Zug gestoppt werden, um gezielt Störer und Aggressoren anzuhalten, hieß es von der Polizei. Sie gab als Zwischenbilanz drei Festnahmen, mehrere Identitätsfeststellungen sowie Anzeigen nach dem Strafgesetzbuch und dem Verwaltungsstrafgesetz bekannt. Eine Festnahme sei aufgrund des Verdachts auf Widerstand gegen die Staatsgewalt, eine andere aufgrund des Verbotsgesetzes erfolgt.

    Aufgrund vergangener Gewalt-Eskapaden bei den Demos – Rechtsextreme hatten Demo-Teilnehmer aus den eigenen Reihen attackiert – wollte dieses Mal sogar einer der führenden Köpfe der Demos die Veranstaltung boykottieren. Andere Veranstaltergruppen deuten zwischen den Zeilen allerdings an, dass Gewalt durchaus akzeptiert werde, denn "anders" brächte das Demonstrieren nichts mehr. Eine Spaltung der Szene zeichnet sich ab. Für Beobachter indes dürften die weiteren Demos kaum sicherer werden.