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Ukraine: Der neue Feind heißt Kälte

Heute Redaktion
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In der Ostukraine ist die Lage momentan stabil - ausgestanden ist nichts, denn der nächste eiskalte Feind naht. Der Winter steht vor der Tür. Hunderttausende sind vor dem Erfrieren bedroht.

ist die Lage momentan stabil - ausgestanden ist nichts, denn der nächste eiskalte Feind naht. Der Winter steht vor der Tür. Hunderttausende sind vom Erfrieren bedroht.

Lokalaugenschein in der ehemals von russischen Seperatisten besetzten Stadt Slowjansk (Region Donezk): Keine Gefechte mehr - die tödliche Bedrohung wächst aber täglich. Sie dringt durch absichtlich zerschossene Fenster (allein in Slowjansk ca. 150.000) und zerstörte Dächer in die Häuser der langsam zurückkehrenden Zivilbevölkerung.

Winter mit bis zu minus 20 Grad

, mit Temperaturen mit bis zu minus 20 Grad. Schon jetzt sinken sie in der Nacht bis zum Gefrierpunkt. Die bitterarmen Ukrainer haben kein Geld, die Schäden selbst zu reparieren. Das Durchschnittseinkommen liegt bei 200 Euro. Eine normale Pension beträgt etwa 60 Euro im Monat. Das reicht kaum für genug Lebensmittel, meist nicht für Strom und Gas - und schon gar nicht für eine Haussanierung.

"Es ist nicht der Krieg, der uns umbringt"

"Als die Schüsse anfingen, flüchteten wir uns, versteckten uns bei Nachbarn. Als wir zurückkamen und unser kaputtes Haus sahen, wussten wir: Es ist nicht der Krieg, der uns umbringt", erzählen Natalia (53) und Dimitri (56). Keine einzige Fensterscheibe ist ganz geblieben. "Nachbarn versuchten uns zu helfen, trugen Glasscherben zusammen. Wir versuchten, daraus Fenster zu kleben. Das funktionierte nicht."

Ihr Monatseinkommen liegt bei 120 Euro. Scheiben für ihr Haus kosten 800 Euro, eine Summe, die sie niemals berappen könnten. Das invalide Ehepaar hatte im Gegensatz zu vielen anderen aber noch einmal großes Glück: Die Caritas kam zufällig vorbei und erklärte sich bereit, die Reparaturarbeiten zu übernehmen. Ohne die Hilfe der NGO wäre ihnen der Kältetod fast sicher gewesen.

Auf Hilfe vom bankrotten Staat kann die Bevölkerung nicht hoffen. Dieser ist finanziell nicht einmal in der Lage, kaputte Infrastruktur wie Straßen, Schulen oder Spitäler wiederherzustellen. Sogar für Schutzkleidung für die Soldaten reichen die Mittel nicht aus. An den Checkpoints stehen junge Burschen, die eingezogen wurden, ohne Splitterschutzwesten oder Helm. In den Städten sammeln Privatpersonen Spenden, um die nötigste Kleidung und Ausrüstung zu finanzieren. 65% der ukrainischen Kriegsmittel wurden vernichtet, dazu steht das Land vor einer humanitären Katastrophe.

Planen für die Zukunft? Erst wieder im Frühling

Rund 366.000 Menschen haben das Land schon verlassen. Etwa 100.000 wurden zu Sozialwaisen, weil sie ihre Eltern verloren haben, nicht mehr finden oder diese sich nicht mehr um sie kümmern. Es gibt 266.000 offiziell registrierte Binnenflüchtlinge - die Dunkelziffer liegt deutlich höher. Denn einerseits kann sich nur registrieren lassen, wer alle Dokumente bei sich hat. Das ist bei einer überstürzten Flucht kaum der Fall. Andererseits haben viele Angst, vom Militär einkassiert zu werden, wenn sie sich melden - und finanzielle Unterstützung gibt es sowieso nicht.

Viele der im Land Vertriebenen leben notdürftigst in umgebauten Feriencamps, die von Freiwilligen betreut und bestenfalls von NGOs unterstützt werden. "Ich bin mit meinem Kind aus Slowjansk geflüchtet, weil uns die Kugeln um die Ohren geflogen sind. Überall hat man nur Schreie und Knallen gehört. Mein Mädchen soll nicht so aufwachsen", erzählt eine Frau. Wie es weitergehen soll? " Im Moment leben wir hier von einem Tag zum anderen. Die Angst vor den Soldaten ist weniger, aber jetzt kommt die Kälte. Vor der fürchte ich mich viel mehr. Im Frühling traue ich mich wieder, über eine echte Zukunft nachzudenken", sagt sie.

Valentina (76): Bitterarm, trotzdem 7 "Hausgäste"

Vom Staat kommt kein Geld. Von den Nachbarländern und der EU zu wenig. Also versucht man sich in diesem kalten Krieg gegenseitig zu helfen, wo man kann: "Bei mir leben jetzt noch sieben Menschen", erzählt Valentina (76) weinend. Sie wohnt in einem winzigen ärmlichen Haus am Stadtrand von Slowjansk.

"Ich kann es mir eigentlich nicht leisten. Aber in diesen Zeiten, wo sich alle hassen, die EU und Russland, die Politiker bringen sich fast um, die Soldaten erschießen sich gegenseitig, da können wir normale Menschen nur versuchen, uns gegenseitig zu lieben. Ich kann diese Menschen ja nicht einfach erfrieren lassen. Ich hoffe, das denken sich auch andere Menschen in Europa und helfen uns".

Helfen Sie Überleben sichern

Ein warmes Zimmer pro Haus – das ist das Ziel der Caritas. "Bereits mit 30 Euro ist es möglich, Menschen neue Fenster und somit Hoffnung zu schenken", bittet Caritas-Chef Klaus Schwertner.

Spenden: IBAN: AT23 2011 1000 0123 4560

BIC: GIBAATWWXXX, KW: Ukraine

Anna Thalhammer