Firtasch war im März 2014 in Wien wegen eines Auslieferungsersuchens der USA festgenommen worden, kam dann aber gegen eine Kaution von 125 Millionen Euro frei. Im Juni 2023 bewilligte das Wiener Oberlandesgericht eine Wiederaufnahme des Verfahrens – es ging wieder zurück an den Start.
Firtasch gibt so gut wie nie Interviews. Fast genau zehn Jahre nach seiner Verhaftung auf offener Straße sprach der ukrainische Oligarch mit der "Kronen Zeitung" über den Angriffskrieg Russlands auf sein Land und schilderte seine Sichtweise.
So betreibe Firtasch sein Hauptgeschäft weiterhin in der Ukraine, er stehe "in sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten" in Kontakt mit der Führung in Kiew. "Wir helfen, so gut wir können - vor allem mit Geld", schilderte er, ohne Details zu nennen. Zu den Hilfen, die die Ukraine vom Westen erhalten habe, sagte Firtasch: "Nichts auf der Welt ist gratis. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass – wenn der Krieg vorbei ist – die Ukraine alles zurückzahlen muss."
Weiters forderte der Oligarch, dass die Regierung in Kiew den Millionen Flüchtlingen "ein Angebot machen" müsse. "Je länger ein Krieg dauert, desto schwieriger wird es", sagte er und warnte seine Landsleute in der Ukraine vor dem – aus seiner Sicht – Irrglauben, "mit einem EU-Beitritt wären alle Probleme gelöst". Man müsse den Menschen erklären, was das bedeutet: "Es gibt nichts geschenkt, man muss hart arbeiten, um Teil davon zu sein", so Firtasch. "Nach zehn Jahren in Wien kann ich sagen, dass jeder Österreicher hart arbeitet, um gut über die Runden zu kommen. Es gibt keine Wunder - du musst hart arbeiten und schauen, wie du deine Rechnungen bezahlst."
Im Interview mit der "Presse am Sonntag" übte er deutliche Kritik an der aktuellen Führung der Ukraine. Dass diese die Möglichkeit von Gesprächen mit dem Kreml ausschließe, sei "ein Fehler". Stattdessen sehe die Ukraine nur einen Weg – den militärischen. Firtasch: "Wir brauchen beide Optionen und das parallel: kämpfen und reden. Jeder Krieg hört früher oder später auf. Er endet mit Verhandlungen und Frieden", sagte er.
Weiters erhob der Oligarch schwere Vorwürfe gegen den Selenkis Vorgänger, Petro Poroschenko. Dieser habe nämlich im Jahr 2019 die ukrainische Verfassung ändern und den Wunsch nach einem Nato-Beitritt verankern lassen. Dieser sei für Kreml-Chef Putin "eine rote Linie" gewesen.
Firtasch versuchte auch seine eigenen Justizprobleme in der Ukraine vom Tisch zu wischen. "Leider ist die Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine sehr schwach ausgeprägt. Manche meinen etwas zynisch: Wenn du in der heutigen Ukraine nicht 20 Strafverfahren am Hals hast, bist du kein erfolgreicher Geschäftsmann. So läuft das leider in unserem Staat", sagte er zur "Presse". Der Vorwurf, er habe mit seinen Gasverteilerfirmen dem ukrainischen Staat Schaden zugefügt, sei "absurd".
Firtasch' Position in Bezug auf den Krieg in seinem Land dürfte nicht überraschen, wenn man bedenkt, dass er als wichtigster Financier und Vertrauter des prorussischen Ex-Präsidenten der Ukraine, Viktor Janukowitsch, galt. Dieser war Anfang 2014 nach pro-europäischen Protesten aus dem Land geflogen.
Ende 2015 forderte Firtasch dessen Nachfolger Petro Poroschenko in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters öffentlich zum Rücktritt auf. Ein Vermögen machte der Oligarch mit dem Import von russischem Gas über das Gemeinschaftsunternehmen RosUkrEnergo. In Österreich gründete er inmitten des Tauziehens um seine Auslieferung eine "Agentur zur Modernisierung der Ukraine" und setzte Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) als dessen Chef ein. Beobachter sahen dies als Versuch der politischen Landschaftspflege während des gegen Firtasch laufenden Justizverfahrens. In einem Interview wies der Oligarch aber jeglichen Zusammenhang zwischen der Thinktank-Finanzierung und dem Auslieferungsverfahren zurück.