Ukraine

Ukrainer packen aus – so schlimm war es in Tschernobyl

Ukrainische Ingenieure kämpften wochenlang um die Sicherheit des ehemaligen Atomkraftwerks Tschernobyl. Nach dem Rückzug der Russen gibt es Neues.

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Neue Details über die einmonatige russische Herrschaft in Tschernobyl werden bekannt.
Neue Details über die einmonatige russische Herrschaft in Tschernobyl werden bekannt.
REUTERS

Nach dem russischen Rückzug in der Region um Kiew ist Tschernobyl wieder in ukrainischer Hand. Nun werden immer wieder neue Details über das Verhalten der Russen auf dem Areal des ehemaligen Atomkraftwerks bekannt. Gegenüber "BBC" berichtete der Ingenieur Valeriy Semjonow über den Monat unter russischer Herrschaft.

170 Angehörige der ukrainischen Nationalgarde waren demnach zeitweise in einem Keller gefangen gehalten worden und danach nach Russland verschleppt worden. Ingenieure, Aufseher und andere technische Angestellte hätten weiterarbeiten dürfen. "Wir mussten ständig mit den Russen verhandeln und uns Mühe geben, sie nicht wütend zu machen, damit sie unser Personal weiter auf der Anlage arbeiten ließen", sagt Semjonow.

"Ich hatte Angst, dass es eine Tragödie für die Menschheit wird"

Einmal sei die Stromversorgung für drei Tage unterbrochen gewesen. Sie hätten alles getan, um Benzin für den Generator zu finden, sie hätten sogar bei den Russen Benzin gestohlen, so Semjonow.

"Wenn wir keinen Strom mehr gehabt hätten, wäre das katastrophal gewesen", sagt Oleksandr Lobada, der für die Strahlungssicherheit zuständig ist. "Radioaktives Material hätte freigesetzt werden können. Das Ausmaß können Sie sich vorstellen. Ich hatte keine Angst um mein Leben, ich hatte Angst, was passieren würde, wenn ich nicht mehr da wäre. Ich hatte Angst, dass es eine Tragödie für die Menschheit wird."

Russische Soldaten in Strahlenklinik

Wie in den vergangenen Tagen bekannt wurde, sind russische Soldaten in Tschernobyl unvorsichtig vorgegangen. Videoaufnahmen einer Drohne zeigen verlassene russische Positionen unweit des ehemaligen Kernkraftwerks Tschernobyl im Norden der Ukraine. Schützengräben durchziehen das Gelände, die oberste Erdschicht wurde großflächig umgepflügt, wahrscheinlich durch Panzerketten und andere schwere Fahrzeuge.

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    Die Nachrichten um das stillgelegte <a href="https://www.heute.at/s/ukraine-akw-warnt-vor-der-nuklearen-katastrophe-100193883">Atomkraftwerk Tschernobyl</a> werden immer besorgniserregender. Nicht nur, dass sich die Belegschaft vor Ort in russischer...
    Die Nachrichten um das stillgelegte Atomkraftwerk Tschernobyl werden immer besorgniserregender. Nicht nur, dass sich die Belegschaft vor Ort in russischer...
    zVg

    Die Aufnahmen stammen aus einem Gebiet inmitten des "Roten Waldes". Der Name stammt von den unmittelbaren Auswirkungen der Nuklearkatastrophe von 1986, als es im Kernkraftwerk Tschernobyl bei einer Kontrolle zur Kernschmelze kam. Damals färbten sich alle Pinienbäume in einem Radius von mehreren Kilometern rot, nachdem sie hohe Strahlendosen absorbiert hatten. Der Wald gilt als das am stärksten verseuchte Gebiet in der ganzen Tschernobyl-Sperrzone.

    Laut belarussischen Berichten sind mehrere russische Soldaten nach ihrem Abzug in einer Strahlenklinik behandelt worden.