Ukraine

"Etwas kommt" – Selenski warnt vor Anschlag auf AKW

Beim bereits mehrfach unter Beschuss geratenen AKW Saporischschja könnte laut der Ukraine "binnen 24 Stunden" eine Provokation bevorstehen.

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Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums lehren der Bevölkerung das Verhalten im atomaren Ernstfall.
Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums lehren der Bevölkerung das Verhalten im atomaren Ernstfall.
Evgeniy Maloletka / AP / picturedesk.com

Der ukrainische Präsident verdächtigt Russland einer bevorstehenden Provokation am Atomkraftwerk Saporischschja. "Wir haben jetzt von unserem Geheimdienst die Information, dass das russische Militär auf den Dächern mehrerer Reaktorblöcke des AKW Saporischschja Gegenstände platziert hat, die Sprengstoff ähneln", sagte Wolodimir Selenski am Dienstag in seiner täglichen Videoansprache.

Dies diene möglicherweise dazu, einen Anschlag auf die Anlage im Süden des Landes zu simulieren, mutmaßte der Staatschef. Er forderte internationalen Druck auf Moskau, um das zu verhindern.

Gegenseitige Beschuldigungen

Die Open-Source-Intelligence "OSINTdefender" meldete derweil, dass in den Städten Enerhodar und Mariupol sowie in der Nähe des Kernkraftwerks Saporischschja Ausrüstung und Personal der mobilen Strahlungseinheiten des russischen Ministeriums für Verteidigung und Katastrophenschutz gesichtet worden seien. Diese Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

"Leider gab es keine rechtzeitige und breite Reaktion auf den Terroranschlag gegen das Wasserkraftwerk Kachowka. Und das kann den Kreml zu neuen Übeltaten inspirieren", sagte Selenski. Im Juni hatte eine Explosion den Kachowka-Staudamm zerstört. Hunderte Ortschaften wurden überflutet. Die Ukraine und der Westen werfen Russland die Zerstörung vor. Moskau dementiert und beschuldigt seinerseits Kiew der Tat.

"Noch sind 24 Stunden übrig"

Russische Truppen haben kurz nach Beginn des von Kremlchef Wladimir Putin befohlenen Angriffskriegs gegen die Ukraine das AKW Saporischschja besetzt und halten es seither unter Kontrolle. Mehrfach ist die Anlage unter Beschuss geraten, wofür sich beide Kriegsparteien gegenseitig verantwortlich machen. International ist die Sorge vor einer Atomkatastrophe groß – auch wenn das Kraftwerk inzwischen in den Kaltbetrieb versetzt wurde.

Der Open-Source-Intelligence-Account "OSINTdefender" schrieb am Dienstagmorgen gegen sieben Uhr, dass es "bisher keine Berichte über irgendeine Art von Provokation oder Angriff auf das Kernkraftwerk Saporischschja gibt". Sowohl russische als auch ukrainische Quellen hätten behauptet, dass in den nächsten 24 bis 48 Stunden "etwas" kommen würde. Noch seien 24 Stunden übrig.

Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA, die Beobachter am Kraftwerk hat, nennt die Sicherheitslage «prekär», auch wenn sie – Stand Freitag – keine Minen oder Sprengsätze am AKW registriert hat.

In verschiedenen Twitter-Beiträgen wird derzeit ein Video gezeigt, das von einem ukrainischen TV-Sender stammen soll. Dabei wird der Bevölkerung gezeigt, wie sie sich im Falle einer nuklearen Katastrophe verhalten sollte. Die Echtheit des Clips ließ sich bisher nicht überprüfen. Das Gesundheitsministerium hat derweil Anweisungen veröffentlicht, wie im Falle einer Explosion im AKW vorzugehen ist. Die Einwohnerinnen und Einwohner sollten auf eine mögliche Evakuierung vorbereitet sein.