Welt

Unabhängigkeits-Demo in Barcelona eskaliert

Heute Redaktion
Teilen
Picture

Zwölf Anführer der Unabhängigkeitskämpfer in Katalonien sind zu Haftstrafen verurteilt worden. Hunderte Demonstranten blockieren nun den Flughafen von Barcelona.

Befürworter der Unabhängigkeit Kataloniens protestieren derzeit wütend gegen das Urteil des Obersten Gerichts. Hunderte von Menschen sind zum Flughafen Barcelona zu Fuß unterwegs, um den Flugverkehr lahmzulegen, viele sitzen bereits in den Hallen der Terminals. Im Stadtzentrum haben Demonstranten die wichtigsten Zugangsstraßen zum Zentrum blockiert, Taxis und die U-Bahn fahren nicht. In Girona sitzen rund 300 Menschen auf Bahngeleise, um den Zugverkehr zu behindern.

Leser-Reporterin Yvonne Ziegler und ihre Kollegin sind betroffen: "Wir sind um 15 Uhr gelandet und konnten bis jetzt den Flughafen nicht verlassen", sagt sie zu 20 Minuten. Auch im Hotel kann man ihr nicht helfen. "Dort sagten sie uns, dass die Innenstadt gesperrt sei und dass wir jetzt halt warten müssen, bis sich die Proteste auflösen."

Die spanische Polizei ist mit einem Großaufgebot vor Ort: "Es stehen hier zwischen 40 und 50 Kastenwagen." Lange beobachteten die Polizisten die Situation. "Wahrscheinlich haben sich nichts unternehmen, um die Demo aufzulösen, weil Touristen und Demonstranten durchmischt sind." Doch seit 17.30 Uhr wird geschossen. Auf Videos ist zu sehen, wie die Polizei mit Gewalt gegen Demonstranten vorgeht.

Urteil gegen Separatistenführer

Im Prozess gegen die katalanischen Separatistenführer hat das Oberste Gericht in Madrid neun der Angeklagten am Montag des Aufruhrs für schuldig gesprochen. Von einer Verurteilung wegen des von der Staatsanwaltschaft eingebrachten Vorwurfs der Rebellion, der mit Gefängnisstrafen von bis zu 25 Jahren geahndet wird, sahen die Richter ab.

Die Angeklagten wurden zu langjährigen Haftstrafen von bis zu 13 Jahren verurteilt. Zudem seien einige von ihnen der Veruntreuung öffentlicher Gelder schuldig, hieß es. Drei weitere angeklagte Ex-Politiker wurden des Ungehorsams schuldig gesprochen.

Text

Bereits seit zwei Jahren in Haft

Bei dem Verfahren ging es um die Rolle der Separatistenführer bei dem verbotenen Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober 2017 und einem daraus resultierenden Unabhängigkeitsbeschluss der Regionalregierung in Barcelona.

Hauptangeklagter war der frühere stellvertretende Regionalpräsident Oriol Junqueras. Er wurde zu 13 Jahren Haft verurteilt. Der Großteil der Angeklagten sitzt bereits seit zwei Jahren in Untersuchungshaft.

Der Prozess war Mitte Juni nach vier Monaten mit den Schlussplädoyers der Angeklagten zu Ende gegangen. Diese riefen dabei fast ausnahmslos dazu auf, den Dialog zu suchen und eine politische Lösung für den Konflikt in der Region im Nordosten des Landes zu finden.

600 Zeugen vernommen

Insgesamt wurden in dem Mammutprozess fast 600 Zeugen vernommen, darunter der konservative frühere Ministerpräsident Mariano Rajoy, in dessen Amtszeit das Referendum fiel.

Im Herbst 2017 hatte Rajoy die Regionalregierung abgesetzt und Katalonien monatelang unter Zwangsverwaltung gestellt. Der damalige Regionalchef Carles Puigdemont und andere Politiker flohen nach Belgien, um einer Festnahme zu entgehen.

"Eine Ungeheuerlichkeit"

Der frühere katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont hat das Urteil scharf kritisiert. "Eine Ungeheuerlichkeit", schrieb Puigdemont am Montag im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Nun müsse reagiert werden wie nie zuvor. "Für die Zukunft unserer Söhne und Töchter", fügte er hinzu.

Auch Puigdemonts Nachfolger Quim Torra gibt sich kämpferisch und hat zu einer "massiven Mobilisierung" aufgerufen. Am Flughafen von Barcelona sowie in den Bahnhöfen und Häfen der Region wurde die Zahl der Sicherheitskräfte schon im Vorfeld des Urteils massiv erhöht.