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Uncharted 4: Troy Baker alias Sam Drake im Interview

Heute Redaktion
14.09.2021, 13:37

Der vielleicht umtriebigste Videospiel-Darsteller und -Sprecher der Welt hat auch in Naughty Dogs Spiele-Blockbuster Uncharted 4 seinen großen Auftritt. Troy Baker, der Schlüsselrollen wie den Joker in Batman: Arkham Origins, Booker DeWitt in BioShock Infinite und Joel in The Last of Us zum Leben erweckte, schlüpft in die Rolle von Nathan Drakes Bruder Sam. Beim Uncharted-Event auf Schloss Orsini in Nerola nahe Rom haben wir österreich-exklusiv neben Videospieldirektor Bruce Straley auch mit Troy Baker gesprochen.

Der vielleicht umtriebigste Videospiel-Darsteller und -Sprecher der Welt hat auch in auch mit Troy Baker gesprochen. 

Heute Games: Wie sieht ein "normaler" Arbeitstag mit Naughty Dog aus?

Troy Baker: Oh mein Gott (lacht)! Was ist ein typischer Tag? Es gibt keinen. Meine Normalität ist komplett anders als die Normalität von allen anderen. Sehen wir uns einen Tag bei Uncharted an. Normalerweise filmen wir an drei Tagen pro Monat. Wir kommen an einem Mittwoch zusammen und der Tag ist nur für Proben da. Es ist eine Möglichkeit für die Darsteller, sich mit dem Material vertraut zu machen, Fragen an Regisseur Neil Druckmann und Schreiber Josh Scherr zu stellen. Wir müssen uns klar machen: Was steht hier auf dem Spiel? Was stellen wir hier als eine Szene dar, die der Spieler letztlich spielen können wird. Und dann, so sagen wir dazu, stellen wir diese Szene auf die Beine. Donnerstag und Freitag wird dann tatsächlich gefilmt. 

Aber nicht so, wie es bei einem Film der Fall wäre.

Nein, wir kommen ins Studio, wir ziehen uns diesen albernen Anzug an, Spandex mit leuchtenden Diskokugeln darauf. Dann bekommen wir Markierungspunkte im Gesicht und einen Helm aufgesetzt, der eine Kamera 15 Zentimeter vor dem Gesicht fixiert. Dann beginnen wir, die Szenen durchzuspielen. Und obwohl wir am Vortag die Szene durchgegangen sind, ändert sie sich, sie erwacht zum Leben. Dieser Prozess gehört seit den frühesten Anfängen zu Uncharted. So wie das Franchise gewachsen ist, ist dieser Prozess gewachsen. Deswegen gibt es hier keinen Arbeitstag. 

Eine Kamera vor dem Kopf, Punkte im Gesicht, ein Motion-Capture-Anzug - wie blendet man das alles beim Arbeiten aus?

Das ist die Herausforderung. Es ist lustig, denn ein Freund von mir ist Schauspieler. Er erzählte mir, dass er in einem Film mitspielte, aber sich gar nicht in seine Figur hineinfühlen konnte. Dann sagte er: 'Ich ging in meine Umkleide, setzte mir die Perücke auf, bekam eine Narbe geschminkt und eine Kriegsaxt in die Hand gedrückt. Dann fühlte ich die Rolle'. Nun lass mich erklären, wie meine Umkleide, Perücke und mein Make-Up aussieht, und das ist der Grund, warum ich Videospiele liebe.

Es geht nämlich nicht um das Set, das Make-up oder die Umkleide. All die Dinge, die normalerweise da sind, um dich auf deine Figur vorzubereiten, stehen dir hier im Weg. Das zwingt dich dazu, wirklich zu wissen, wer deine Figur ist. Für einen Darsteller ist das eine großartige Herausforderung. Es ist dem BlackBox-Experimentaltheater sehr ähnlich. Du musst deinen Charakter voll und ganz verstehen.

Was war die verrückteste Sache, die bei der Arbeit an Uncharted zu machen war?

(Schallendes Lachen). Ich versuche, etwas ganz Großes zu finden (lacht). Aber es war in Wirklichkeit eine Szene, in der meine Angeberei stärker als meine Intelligenz war. Es gibt diese Szene, in der Sam Drake an einer Kante hängt, und ich sagte: 'Das kann ich machen'. Also wurde mir ein Armband um mein Handgelenk gelegt und alles was ich zu tun hatte, war, daran für 30 Sekunden herumzuhängen. Wenn man das noch nie zuvor gemacht hat, dann empfehle ich dringend, dass man das ausprobiert. Das ist eine riesige Herausforderung. Dort zu hängen, an meinem eigenen Gewicht, das war möglicherweise das Verrückteste, das ich jemals gemacht habe.

Waren die Unterschiede zwischen der Arbeit an The Last of Us und Uncharted groß?

Ja, allein schon, weil es zwei ganz unterschiedliche Genres sind, zwei verschiedene Storys, zwei verschiedene Charaktere. Was Naughty Dogs Spiele aber gemeinsam haben ist, dass sie Storys erzählen, die auf Charakteren beruhen. The Last of Us war auch etwas auf Uncharted-Territorium. Aber bei Uncharted haben wir nun vier Teile und wissen dadurch, wer die Charaktere darin sind. Hier besteht die Herausforderung darin, wie man etwas von diesen Charakteren zeigt, dass man noch nie zuvor gesehen hat. Was ist aus Nathan Drake nach vier Spielen geworden?

Sully repräsentiert seinen inneren Konflikt, Chloe seine Begierde nach Abenteuer, Elena seine Erdung. Nun stellen wir mit Sam einen neuen Charakter vor und mussten uns fragen, wie wir das machen und was das bedeuten soll. Wenn du einen Bruder hast, von dem deine Frau nichts wusste, was macht das aus deiner Beziehung? Für mich ist es die perfekte Ergänzung für das Franchise, einen Charakter zu haben, der neu dazukommen und alles erschüttern kann, was wir bisher gesehen haben und zu kennen glaubten.

Apropos "neu dazukommen": War es schwierig, im vierten Teil in die Story einzusteigen, während die anderen Darsteller bereits seit Teil 1 ihre Rollen verkörpern?

Das war gar nicht schwierig, denn ich war schon Fan des Franchises, bevor ich daran mitgearbeitet habe. Ich wusste, wer Sully ist, wer Elena ist, wer Cutter ist, wer Chloe ist. Ich hatte eine einzigartige Retrospektive, weil ich mit Uncharted von Anfang an in Berührung war.

Die erste Szene, die wir gedreht haben, war eine Szene mit Nathan, Sully und Elena. Als ich hereinkam und dort die Darsteller Nolan North, Richard McGonagle und Emily Rose sah, wurde der Fanboy in mir total verrückt. Ich habe sie vorher noch nie arbeiten gesehen. Diese Arbeit, die sie bereits seit zehn Jahren machen. Es war so cool. 

Wie lang dauerte die Arbeit als Sam Drake mit Naughty Dog?

So in etwa zweieinhalb Jahre. Es ist so anders, als wenn man in einem Film mitspielt. Dort ist man für drei Monate, sechs Monate, vielleicht ein Jahr, wenn es ein wirklich großes Filmprojekt ist, und dreht dabei ständig. Bei Uncharted waren es, wie gesagt, drei Tage im Monat, an denen wir etwa zehn Seiten des Skripts drehten. Außerdem wurde nicht ein Inhalt von zweieinhalb Stunden, sondern von 15 bis 20 Stunden gedreht. Das heißt, da war eine Menge an Material, das wir abdecken mussten. 

Es hat sich während der Arbeit auch jede Menge geändert. Wir haben beispielsweise die Anfangssequenz noch einmal gedreht, weil wir bei einer anderen Szene der Meinung waren: 'Das muss die Anfangssequenz werden!'. Deswegen bin ich dankbar für Menschen, die ihre Drehbücher an das Material anpassen können, das bereits gedreht wurde.

Was darf über Uncharted 4 schon vorab verraten werden?

Nur soviel: Ich kenne die Story (lacht). Ich spreche über Uncharted 4 eher als Gamer, denn als Darsteller, weil ich schon so lange ein Fan davon bin. Ich kam auf demselben Weg dazu, wie es die meisten Zocker taten, indem sie es spielten. Das Ende von Uncharted 4 ist für mich perfekt. Die Spieler werden überwältigt sein. Es wird einen Konflikt geben, aber es ist genauso, wie es sein muss. Etwas, das dich bewegen wird. Nathan Drake bedeutet so vielen Menschen so viel. Ich denke, er hätte kein besseres Ende bekommen können.

Sollte es jemals einen weiteren Uncharted-Teil geben, wäre Troy Baker wieder mit an Bord?

Ich würde mit Naughty Dog jeden Tag der Woche und doppelt so viel an Sonntagen arbeiten. Uncharted ist einfach das perfekte Franchise.

Rene Findenig

r.findenig@heute.at

Hinweis: Das Interview wurde von "Heute.at" ins Deutsche übersetzt und zum besseren Verständnis gekürzt.