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Unkontrollierbares Verlangen – So entsteht Sexsucht

Einer Studie zufolge ist ein Überschuss des Hormons Oxytocin für das unbändige Verlangen verantwortlich.
Sabine Primes
14.02.2022, 20:54

Kann man zuviel Sex wollen? Antwort: Ja. Menschen, die die Kontrolle über ihr sexuelles Verhalten verloren haben, leiden unter Hypersexualität, im Volksmund auch "Sexsucht" genannt. Im Unterschied zu Menschen, die oft und gerne Sex genießen, verursacht die Sexsucht bei Betroffenen erheblichen Leidensdruck und wird zum Lebensmittelpunkt.

Die Gedanken kreisen andauernd und zwanghaft um Sex und darum wo, mit wem, wann und wie Betroffene ihn bekommen könnten. Soziale und berufliche Pflichten rücken in den Hintergrund. Unbehandelt, kann sich sogar die Persönlichkeit verändern und auch die Gesundheit leidet auf Dauer unter der Sexsucht.

Betroffene verbringen Stunden mit Internet-Pornografie, masturbieren bis die Intimregion wund ist ohne danach nennenswerte Befriedigung zu verspüren. Viele Sexsüchtige nehmen durch das nicht zu stillende Verlangen (selbst-)zerstörerische Züge an und riskieren Beziehungen und Freundschaften, nur um die Sucht zu befriedigen. Doch der Zustand von Erfüllung tritt nicht ein. Im Gegenteil: Der Sex führt zu immer weniger Befriedigung und Betroffene müssen die Dosis weiter steigern – ähnlich einer Drogensucht.

Höherer Oxytocin-Spiegel

Wie es dazu kommt, haben Wissenschaftler der University of Cyprus Medical School, der Umeå University und des Karolinska Instituts untersucht. Die Studie wurde im Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism der Endocrine Society veröffentlicht. Demnach können Männer mit hypersexueller Störung höhere Oxytocin-Spiegel im Blut haben als jene ohne.

"Wir haben festgestellt, dass Männer mit zwanghafter sexueller Verhaltensstörung im Vergleich zu gesunden Männern höhere Oxytocin-Spiegel aufweisen", sagt Andreas Chatzittofis, Autor der Studie. "Die kognitive Verhaltenstherapie führte zu einer Verringerung sowohl des hypersexuellen Verhaltens als auch des Oxytocin-Spiegels."

Oxytocin (auch als "Kuschelhormon" bekannt) ist ein Hormon, das vom Hypothalamus produziert und von der Hypophyse abgesondert wird. Es spielt eine Schlüsselrolle im Sexualverhalten. Abnorme Hormonspiegel können zu einer hypersexuellen Störung beitragen.

Die Forscher analysierten die Blutproben von 64 Männern mit hypersexueller Störung und 38 gesunden Männern und stellten fest, dass die hypersexuellen Männer einen höheren Oxytocin-Spiegel in ihrem Blut hatten.

Verhaltenstherapie wirkt

Interessanterweise reduzierten sich die Oxytocin-Spiegel bei den sexsüchtigen Männern signifikant, nachdem sie sich einer kognitiven Verhaltenstherapie unterzogen hatten – was zu bestätigen scheint, dass Sexsucht ohne Medikamente erfolgreich behandelt werden kann. "Oxytocin spielt eine wichtige Rolle bei der Sexsucht und könnte ein potenzielles Arzneimittel für eine zukünftige pharmakologische Behandlung sein", so Chatzittofis.

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