Österreich

Unser Blut fließt viel turbulenter als gedacht

Bisher ging man davon aus, dass das Blut im menschlichen Körper gleichmäßig zirkuliert. Forscher am IST Austria erkannten nun andere Muster.

Heute Redaktion
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Blut in unserem Körper zirkuliert viel turbulenter als angenommen.
Blut in unserem Körper zirkuliert viel turbulenter als angenommen.
Bild: iStock

Bisher war die Erkenntnis, dass das Blut im menschlichen Körper gleichmäßig zirkuliert. Forscher des Institute of Science and Technology (IST) Austria zeigen dagegen nun im Fachjournal "Pnas", dass Blut viel turbulenter fließt als angenommen. Das ist insofern interessant, weil ein unregelmäßiger Blutfluss mit vielen Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Arteriosklerose in Verbindung gebracht wird.

Den Wissenschafter zufolge dachte man bisher, dass Blut im menschlichen Körper aufgrund seiner geringen Fließgeschwindigkeit und hohen Viskosität gleichmäßig zirkuliert. Die Zellen des Endothels, der Innenwand der Blutgefäße, sind auch an relativ gleichmäßige Fließgeschwindigkeiten in einer Richtung angepasst. Wenn es jedoch zu Turbulenzen in einem Gefäß kommt, etwa aufgrund einer geometrischen Unregelmäßigkeit, reagieren sie sehr empfindlich auf die dabei auftretenden Kräfte. Das kann zur Entzündung des Endothels führen und langfristig Arteriosklerose auslösen, bei der sich die Arterien aufgrund von Plaqueablagerungen verengen.

Der Physiker Björn Hof vom IST Austria in Klosterneuburg (Bezirk Tulln) untersucht seit Jahren turbulente Strömungen in Rohrleitungen. Diese Verwirbelungen führen zu einer starken Erhöhung des Reibungswiderstandes, etwa in Pipelines. In ihrem aktuellen Projekt haben die Wissenschafter um Hof gemeinsam mit Kollegen aus Deutschland und China untersucht, ob sie mit ihren Erkenntnissen über Turbulenzen in Rohrleitungen auch Unregelmäßigkeiten in pulsierenden Strömungen wie in den Blutgefäßen besser verstehen können. "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein bisher unbekannter Mechanismus Turbulenzen in pulsierenden Strömungen im menschlichen Körper bei niedrigeren Strömungsgeschwindigkeiten verursachen kann", erklärte Hof in einer Aussendung.

Aufgrund ihrer Experimente und ihrer theoretischen Berechnungen gehen die Wissenschafter davon aus, dass Blutgefäße mit geometrischen Unregelmäßigkeiten mehr Turbulenzen verursachen als bisher angenommen. So zeigten sie, dass bei einer Verlangsamung des pulsierenden Blutflusses, also zwischen den Herzschlägen, insbesondere in den unregelmäßigen Gefäßbereichen - also etwa dort, wo es bereits Plaqueablagerungen gibt - Verwirbelungen entstehen. Sobald der Blutfluss wieder Fahrt aufnimmt, also beim Herzschlag, wurde er glatt und turbulenzfrei.

Für Hof ist es erstaunlich, dass diese Instabilität in früheren Studien nicht bemerkt wurde. "Wir vermuten, auch wegen der komplexen Zusammensetzung des Blutes, dass es andere Mechanismen geben könnte, die bei noch niedrigeren Geschwindigkeiten Turbulenzen im kardiovaskulären Fluss verursachen können", so der Forscher. Er geht davon aus, dass die Arbeit wichtige Auswirkungen darauf haben könnte, wie der Blutfluss künftig modelliert wird, insbesondere in großen Blutgefäßen wie der Aorta.