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Forscher überrascht: Auf dem Mond bewegt sich etwas

Vermutet wird, dass der Mond schon lange tot ist. Forscher haben nun jedoch Bergrücken entdeckt, auf denen frisch freigelegte Felsbrocken verstreut sind. Ist unser Trabant immer noch seismisch aktiv?

Roman Palman
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    Der Erdschatten verdeckt einen Teil unseres ewigen Trabanten während einer Mondfinsternis am 21. Jänner 2019.
    Der Erdschatten verdeckt einen Teil unseres ewigen Trabanten während einer Mondfinsternis am 21. Jänner 2019.
    picturedesk.com/AFP/Brendan Smialowksi

    Die neu entdeckten Bergrücken auf der erdzugewandten Seite des Mondes sind bedeckt mit frisch freigelegtem Mondgestein. Laut den Forschern könnten die Grate ein Beweis für aktive tektonische Prozesse sein, gewissermaßen das "Echo" eines längst vergangenen Einschlags, der den Mond vor 4,3 Milliarden Jahren fast zerrissen hätte.

    "Vermutet wird, dass der Mond schon lange tot ist. Wir stellen aber immer wieder fest, dass dies wohl nicht der Fall ist", sagt Peter Schultz, Professor am Department of Earth, Environmental and Planetary Sciences der Brown University und Mitautor der Studie, die in der Zeitschrift Geology veröffentlicht wurde. "Aus unserer Studie geht hervor, dass es auf dem Mond wohl noch immer knirscht und knackt. Beweise dafür haben wir auf den neu entdeckten Bergrücken gefunden".

    Seltsame, kahle Flecken

    Der größte Teil der Mondoberfläche ist mit pulverförmigem, zermahlenem Gestein – dem sogenanntem Regolith – bedeckt. Diese Decke ist durch den ständigen Beschuss mit winzigen Meteoriten und anderen Himmelskörpern entstanden. Es gibt nur wenige Gebiete, wo das Grundgestein des Mondes frei an der Oberfläche liegt.

    Forschungsleiter Adomas Valantinas, Doktorand am Physikalischen Institut an der Universität Bern, nutzte die Daten des Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO) der NASA: "Ich entdeckte innerhalb und um die dunklen Tiefebenen, den sogenannten Mare, seltsame kahle Flecken."

    Für die Studie verwendete Valantinas das Diviner-Instrument des Mond-Orbiters, das die Temperatur der Mondoberfläche misst. So wie betonbedeckte Städte auf der Erde mehr Wärme speichern als die Landschaft, so bleiben freiliegendes Grundgestein und Blöcke auf dem Mond während der Mondnacht wärmer als Regolith-bedeckte Oberflächen. Mit Hilfe der nächtlichen Beobachtungen von Diviner fand Valantinas mehr als 500 Flecken mit freiliegendem Mondgestein auf den schmalen Bergrücken entlang der Mare.

    "Es ist fast eine Eins-zu-Eins-Korrelation"

    Bei der anschließenden Kartierung machten Valantinas und Schultz eine spektakuläre Entdeckung. Es gab offenbar Korrelation zwischen der Flecken und alten Rissen in der Mondkruste, die die GRAIL-Mission der NASA 2014 entdeckt hatte. Diese Risse waren zu Kanälen geworden, durch die Magma auf die Mondoberfläche floss und tiefe Einfurchungen bildete. "Es ist fast eine Eins-zu-Eins-Korrelation", sagt Schultz. "Das lässt uns glauben, dass die Bergrücken mit freigelegtem Gestein, die wir entdeckt haben, das Resultat eines fortlaufenden Prozesses sind, der von den Ereignissen im Inneren des Mondes angetrieben wird."

    Schultz und Valantinas vermuten, dass sich die Bergkämme über diesen alten Einfurchungen immer noch nach oben wölben. Die Aufwärtsbewegung bricht die Oberfläche auf und ermöglicht es dem Regolith, in Risse und Hohlräume zu rieseln, wobei Felsblöcke freigelegt werden. Da kahle Stellen auf dem Mond normalerweise schnell überdeckt von Regolith überdeckt werden, müsse diese Rissbildung noch recht jung sein und möglicherweise sogar heute noch andauern.

    Das lange Gedächtnis des Mondes

    Die beiden Forscher bezeichnen das System der Bergrücken als ANTS, für Active Nearside Tectonic System. Sie glauben, dass es tatsächlich vor Milliarden von Jahren von einem gigantischen Einschlag auf der Rückseite des Mondes in Bewegung gesetzt wurde. "Es sieht so aus, als ob die Grate auf etwas reagierten, was vor 4,3 Milliarden Jahren geschah", erklärt Schultz. "Riesige Einschläge haben langanhaltende Auswirkungen. Der Mond hat ein langes Gedächtnis. Was wir heute an der Oberfläche sehen, zeugt von seinem langen Gedächtnis und den Geheimnissen, die er noch immer birgt", so Schultz weiter.

    Valantinas ergänzt: "An den von uns entdeckten Standorten wird Grundgesteinsmaterial aus Mondbasalten zu finden sein, das die Astronauten der Apollo-Missionen damals nicht mit zurück zur Erde brachten." Die Proben der Astronauten seien leicht einzusammeln gewesen, sagten aber nicht viel über die lokale Geologie aus, da man nicht exakt wisse, woher sie stammten. "Die Astronauten konnten nicht zu gefährlicheren Stellen wie steilen Kraterwänden gehen, an denen das darunter liegende Grundgestein freigelegt ist. Wenn wir auf den Mond zurückkehren, sind diese Standorte mit freiliegenden Felsblöcken von großer Bedeutung, da Proben von dort uns viele neue Informationen über den Mond liefern werden."