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Unterirdisches Feuer machte Centralia zur Geisterstadt

Rauchschwaden steigen aus dem Boden, so gut wie keine Gebäude sind zu sehen. Dass Centralia eine florierende Kleinstadt war, ist kaum zu glauben.

Carolin Rothmüller
Wo früher Leben war, herrscht heute gähnende Leere. Auf dem liken Bild ist die Locust Avenue im Jahr 1983, kurz vor der Umsiedlung der Einwohner zu sehen, rechts die gleiche Straße im Jahr 2000.
Wo früher Leben war, herrscht heute gähnende Leere. Auf dem liken Bild ist die Locust Avenue im Jahr 1983, kurz vor der Umsiedlung der Einwohner zu sehen, rechts die gleiche Straße im Jahr 2000.
Reuters

Geschäftig – so wird das Leben in Centralia vor einem Jahrhundert noch beschrieben: Über 1.200 Menschen lebten und arbeiteten damals hier. Es gab zahlreiche Geschäfte und Möglichkeiten, sich die Zeit zu vertreiben. Die meisten Einwohner hatten mit dem Bergbau zu tun, dem die Stadt im US-Bundesstaat Pennsylvania so vieles zu verdanken hatte – selbst ihre Existenz. Denn Centralia wurde in den 1850er-Jahren gegründet, weil der Untergrund reich an Anthrazitkohle war.

Doch daran erinnert heute nichts mehr. Die Straßen sind leer, Menschen trifft man hier kaum noch an und selbst Häuser gibt es nur noch rund fünf. Dafür klaffen im Asphalt vielerorts breite Risse. An manchen Stellen steigt Rauch aus der Erde. An einigen Stellen stehen Warntafeln, die vom Weitergehen abraten. Es drohe Gefahr für Leib und Leben. Doch warum – und wie konnte es so weit kommen?

Löschversuche gescheitert

Schuld an der Wandlung Centralias von einer florierenden Kleinstadt zu einer kaum noch existierenden Geisterstadt ist ein bis heute nicht endgültig geklärter Vorfall am 27. Mai 1962. Damals brach unterhalb der Stadt ein Kohlebrand aus, der trotz aller Löschversuche bis heute andauert.

Der gängigsten Theorie nach wurde der Brand durch "Aufräumarbeiten" in der städtischen Mülldeponie von Mitarbeitern der Freiwilligen Feuerwehr ausgelöst. "Ihre Methode bestand darin, die Halde in Brand zu setzen", schreibt David DeKok im Buch "Fire Underground". Diese befand sich jedoch in einem stillgelegten Tagebau, der anders als gedacht nicht mit einer Tonschicht gegen die aktiven Kohleflöze abgedichtet war. Deshalb breitete sich das Feuer auch auf diese aus – und ließ sich nicht mehr stoppen.

Bewohner blieben

Allen Löschversuchen zum Trotz breitete sich der Schwelbrand auf die Stollen unter den Straßen der Stadt aus. Zunächst mussten die Minen wegen gefährlicher Kohlenmonoxidwerte geschlossen werden. Dann wurde der Boden unter der Kleinstadt immer heißer und Rauch quoll aus Erdlöchern. Sieben Jahre nach Ausbruch des Kohlebrandes zogen die ersten Einwohner aus Centralia weg.

Nur wenige Menschen sind der ehemaligen Bergbaustadt treu geblieben. (Im Bild: der frühere Bürgermeister Centralias, Lamar Mervine, im Jahr 2000)
Nur wenige Menschen sind der ehemaligen Bergbaustadt treu geblieben. (Im Bild: der frühere Bürgermeister Centralias, Lamar Mervine, im Jahr 2000)
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Heißer Benzin

Den meisten Menschen wurde laut Medienberichten jedoch erst im Jahr 1979 bewusst, wie schlecht es um ihre Stadt stand: Damals soll der Tankwart John Coddington bemerkt haben, dass die Temperatur in seinen unterirdischen Kraftstofftanks rund 78 Grad Celsius betrug. Im Jahr darauf häuften sich schließlich Meldungen über gesundheitliche Probleme. Anfang 1981 stürzte ein zwölfjähriger Junge in ein plötzliches, durch das Feuer entstandenes Erdloch und entging nur knapp dem Tod. Auch Gräber sollen so verschwunden sein.

Feuer brennt weiter

Nach diesen beunruhigenden Vorfällen begann die Regierung, Grundstücke in Centralia zu enteignen, die Bewohner umzusiedeln und die Gebäude einzureißen. Ein erneuter Versuch, das Feuer zu löschen, hätte Hunderte Millionen Dollar gekostet. Im Jahr 2002 verlor Centralia schließlich seine Postleitzahl. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit ist es heute nur noch – je nach Quelle – sieben oder acht Personen gestattet, dort zu leben.

Sie dürfen ihre Häuser aber weder weitervererben noch verkaufen. Das Feuer unter Centralia brennt unterdessen weiter. Nach Angaben des nationalen Umweltschutzministeriums könnte das Feuer noch ein weiteres Jahrhundert lang brennen, wenn es nicht unter Kontrolle gebracht wird. "Es zu löschen", sagte der Geologe Steven Jones gegenüber Smithsonianmag.com, "ist ein unmöglicher Traum."

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