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US-Experten: "Ukraine gewinnt Krieg bis zum Sommer"

Ein ehemaliger General geht davon aus, dass die Vorkriegs-Grenzen noch diesen Winter hergestellt werden. Und im Sommer der Sieg bevorsteht.

20 Minuten
Das Ausmaß der Zerstörung nach einem Raketeneinschlag in Saporischschja am 10.10.2022
Das Ausmaß der Zerstörung nach einem Raketeneinschlag in Saporischschja am 10.10.2022
REUTERS

Der frühere Drei-Sterne-General Ben Hodges analysiert auf YouTube regelmäßig den Krieg in der Ukraine aus militärischer Sicht. Dabei zeigt sich der Amerikaner je länger, desto optimistischer.

Die Zeit stehe auf der Seite der Ukraine, wie Hodges bei seinem jüngsten Auftritt sagte. Denn: "Die ukrainische Armee hat mittlerweile ein unumkehrbares Momentum erreicht." Dass Russland diese Dynamik umdrehen könne, sei fast unmöglich – zumindest solange der Westen seine Waffen-Unterstützung aufrechterhalte.

"Russland wird verlieren, die Frage ist nicht ob, sondern wann"

"Ich bin zuversichtlich, dass die ukrainischen Streitkräfte die russischen vor Jahresende auf die Vorkriegs-Grenzen vom Februar zurückdrängen werden", so Hodges. "Und dass sie bis zur Mitte des Sommers 2023 die Halbinsel Krim wieder kontrollieren werden."

Zu optimistische Analysen?

Ist das nun amerikanische Blauäugigkeit und Überoptimismus? Ja und Nein, so Marcus Matthias Keupp zu 20 Minuten. Für den Dozenten für Militärökonomie von der Militärakademie an der ETH Zürich steht fest: "Russland wird diesen Krieg verlieren, die Frage ist nicht ob, sondern wann".

Denn die Ukraine habe im Moment die Initiative an allen Frontabschnitten. Keupp hält deswegen für den Winter 2022 nicht nur den Kollaps der nordwestlich des Dnipro stehenden Cherson-Front für möglich, sondern auch einen weiteren Vorstoß der Ukrainer an der Donbass-Front bis zum Fluss Aidar und dem Ort Starobilsk.

Dennoch versprühe der ehemalige General Hodges mit seiner Prognose zu ukrainischen Vorkriegs-Rückeroberungen bis Ende des Jahres zu viel Optimismus.

"Der Krieg dauert bis mindestens Mai 2023"

Große Frontbewegungen sieht Keupp erst wieder später: "Weitere westliche Waffenlieferungen vorausgesetzt, erwarte ich eine größere Offensive für Frühjahr 2023, nach der Rasputitsa-Saison."

Rasputitsa ist die russische Bezeichnung für die Schlammperiode oder Regenzeit im Frühjahr und Herbst. Weite Landschaften und unbefestigte Straßen in Russland, der Ukraine und in Belarus werden dann unbefahrbar.

Entsprechend legt sich Keupp vorerst auf folgende Prognose fest: "Der Krieg dauert bis mindestens Mai 2023, selbst unter Optimal Bedingungen, wahrscheinlich aber bis Herbst 2023."

"Widerstandskraft der Westeuropäer entscheidet diesen Krieg"

Auch der österreichische Oberst Markus Reisner geht davon aus, dass die großen ukrainischen Gegenoffensiven in diesem Jahr zum Stillstand kommen werden. Die Ukrainer hätten ihre Offensiven bei Charkiw und Cherson taktisch klug umgesetzt. Jetzt gehe es von der Bewegung zurück in einen Stellungskrieg, so Reisner.

Truppenstärke Ukraine und Russland

Von einem absehbaren Kriegsende scheint der österreichische Oberst nicht auszugehen. Er verweist auf das riesige Ungleichgewicht der Truppenstärke zwischen der Ukraine und Russland – die Reserve der Ukraine ist begrenzt, die Russlands scheinbar unerschöpflich.

Die Frage sei, inwieweit die schiere Masse an Soldaten, die Russland zur Verfügung hat, mit ukrainischer Kampfmoral und westlichen Waffensystemen zu kompensieren sei. "Das wird in den kommenden Monaten für uns sichtbar werden".

Die Atomwaffen-Drohung 

Auch Reisner unterstreicht die große Bedeutung der westlichen Waffenlieferungen und sagt mit Blick auf den Winter: Nicht der Verteidigungswille des ukrainischen Volkes werde diesen Krieg entscheiden, sondern die Resilienz, die Widerstandskraft, der Westeuropäer und ihr Wille, das ukrainische Volk zu unterstützen.

"Russland weiß, dass bei ukrainischen Offensiven vor allem westliches Gerät im Einsatz war und versucht, den Druck in unseren Heimatländern zu erhöhen, damit die Unterstützung des Westens endet."

Der amerikanische Historiker Timothy Snyder führt dies weiter aus: "Putin hat gemerkt, dass er den von ihm begonnenen konventionellen Krieg verlieren könnte. Er hofft, dass sein Hinweis auf Atomwaffen die westlichen Demokratien davon abhält, Waffen an die Ukraine zu liefern". Der russische Präsident wolle sich so Zeit verschaffen. Tatsächlich aber sei "die rhetorische Eskalation eine der wenigen Möglichkeiten, die ihm noch geblieben sind", so Snyder.

"Ein Nachgeben würde den Krieg keineswegs beenden"

Mit Blick auf den Westen fährt Snyder fort: "Ein Nachgeben gegenüber einer nuklearen Erpressung würde den konventionellen Krieg in der Ukraine keineswegs beenden. Es würde indes einen künftigen Atomkrieg sehr viel wahrscheinlicher machen". Denn wenn man einem nuklearen Erpresser Zugeständnisse mache, lerne dieser, dass er mit dieser Art Drohung bekomme, was er wolle. Das werde in der Zukunft für weitere Krisenszenarien sorgen.

Snyders Argument: "Es lehrt andere Diktatoren, dass sie nur eine Atomwaffe und ein bisschen Getöse brauchen, um zu bekommen, was sie wollen. Das führt schließlich dazu, dass alle davon überzeugt sind, dass die einzige Möglichkeit, sich zu verteidigen, der Besitz von Atomwaffen sei, was wiederum die weltweite Verbreitung solcher Waffen zur Konsequenz hätte".

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