Politik

Donnerstagsdemo wurde zur großen Ibiza-Party

Konfettikanonen, Wasserbälle, Tausende tanzende Menschen und die Vengaboys machten den Ballhausplatz am Donnerstag zur Partyzone.

Heute Redaktion
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Es ist der 18. Mai 2019. Auf dem Wiener Ballhausplatz versammeln sich immer mehr Demonstranten vor dem Bundeskanzleramt. Die Regierung wankt, nachdem ein Video bekannt wurde, in dem Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) einer "Oligarchin" auf Ibiza öffentliche Aufträge als Gegenleistung für Wahlkampfhilfe anbietet. Die Menschen fordern lautstark Neuwahlen und singen den 90er-Jahre-Song "We're Going to Ibiza" von den Vengaboys.

Nicht einmal zwei Wochen später performt die niederländische Eurodance-Band die inoffizielle Hymne der Regierungskrise auf dem Ballhausplatz zwischen Kanzleramt und Präsidentschftskanzlei.

Sommerhit 2019?

Der 20 Jahre alte Song "We're Going to Ibiza" erreichte zwischenzeitlich sogar Platz 1 in den österreichischen iTunes-Charts. Dementsprechend kann das (laut Veranstaltern) 20.000 Menschen starke Publikum der ersten Donnerstagsdemo nach der Abwahl von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auch jede Zeile mitsingen. Die Polizei spricht übrigens von 6.000 Teilnehmern.

Wie es der Zufall so will, befinden sich die Vengaboys derzeit auf Tour und machen auf Einladung der Demo-Veranstalter einen Abstecher nach Wien. Sängerin Captain Kim hatte sich bereits vorab gefreut: "Das beweist nicht nur, dass die Österreicher einen fantastischen Musikgeschmack haben. Es zeigt auch, gerade wenn man die Schwere dieses Skandals betrachtet, dass die Österreicher einen fantastischen Sinn für Humor haben!"

Wie es seitens der Veranstalter gegenüber "Heute.at" heißt, treten die Vengaboys ohne Gage auf und tragen einen großen Teil der Kosten selbst.

(Quelle: Video3)

Partystimmung

Das Publikum ist in ausgelassener Partylaune, auch wenn die Redner vor dem Auftritt der Band davor mahnen, sich zurückzulehnen. Kurz, Kickl und Strache seien zwar nicht mehr an der Macht, doch ihr Einfluss sei noch immer spürbar – auf die Gesellschaft, die Klimapolitik und mehr.

Der etwa halbstündige Auftritt der Niederländer macht fast vergessen, dass hier eigentlich gegen Politik protestiert wird. Die Vengaboys spielen für die kochende Menge neben dem potenziellen Ibiza-Sommerhit 2019 auch andere bekannte Stücke wie "Boom Boom Boom Boom" oder "We Like to Party", feuern Konfettikanonen, gigantische Wasserbälle und Pyrotechnik ab.

(Quelle: Video3)

"Bierlein statt Koksline"

Um die Band besser im Blick zu haben, erklimmen einige Zuschauer sogar die Bäume oder betreiben Crowdsurfing in einem großen, pinken Flamingo-Schlauchboot.

Die ursprünglich gegen die ÖVP-FPÖ-Koalition gerichteten Demonstrationen sollen fortgesetzt werden – auch wenn die Übergangsregierung im Amt ist.

Brigitte Bierlein, die erste Bundeskanzlerin Österreichs, wird an diesem Abend übrigens nicht behandelt. Lediglich ein Demonstrant hat ihr sein Schild gewidmet: "Bierlein statt Koksline." (lu)

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