Welt

Verdunstender See gibt schreckliche Geheimnisse preis

Der gigantische Lake Mead schrumpft im Rekordtempo. Durch das sich zurückziehende Wasser kommt jetzt Schreckliches ans Licht.

Roman Palman
Der austrocknende Lake Mead gibt immer mehr Relikte der Vergangenheit frei.
Der austrocknende Lake Mead gibt immer mehr Relikte der Vergangenheit frei.
MARIO TAMA / AFP Getty / picturedesk.com

Der Zicksee im burgenländischen Seewinkel ist bei weitem nicht das einzige Gewässer, das durch Hitze und Dürre komplett zu verschwinden droht. Auch der Pegel im gigantischen Lake Mead, in dem das lebenswichtige Wasser des Colorado Rivers für die Glücksspiel-Metropole Las Vegas gestaut wird, rasselt im Rekordtempo immer tiefer.

In der schlimmsten Trockenperiode seiner Geschichte hat das Mega-Reservoir drei Viertel seines Speicherwassers verloren. Die "Badewannen"-Ränder – Kalkablagerungen an den Felswänden, die den früheren Wasserstand zeigen – sind mittlerweile Dutzende Meter hoch. Das zurückgehende Wasser gibt aber auch schaurige Geheimnisse aus der Vergangenheit preis.

Stilles Grab für Mafia-Opfer

Wie die "Bild" berichtet, wurde Anfang der Woche die bereits dritte Leiche innerhalb von drei Monaten am mittlerweile trockenen Seeboden gefunden. Ein Zeuge hatte die Polizei alarmiert. Laut Nachrichtenagentur AP sei die Leiche im Schlamm eines Badebereichs nördlich des Jachthafens Hemenway Harbor gelegen. Genauere Angaben wollte die dort zuständige Nationalparkverwaltung mit Verweis auf laufende Ermittlungen nicht machen. Eine Obduktion soll nun die Todesursache klären.

Bereits am 1. Mai hatten Besucher am vertrockneten Ufer eine noch grausamere Entdeckung gemacht. Sie fanden die Überreste eines Menschen, der offensichtlich durch einen Kopfschuss getötet worden war, in einem verrosteten Fass. Die Leiche dürfte in den 1970ern oder 1980ern im damals an der Stelle noch 30 Meter tiefen See versenkt worden sein. In dieser Zeit war die Mafia in Las Vegas noch im großen Stil aktiv.

Bilder aus dem All

Satellitenbilder der NASA zeigen den starken Schwund des Colorado Rivers in eindrucksvoller Weise aus dem Weltall. Es ist kein Phänomen, das sich nur auf 2022 beschränkt, schreibt der ORF. "Die sogenannte Millennium-Dürre, die sich jetzt in ihrem 23. Jahr befindet, hat Niederschlag und Schneeabfluss in den Fluss und die Seen derart dramatisch reduziert, dass nun einem riesigen Teil des Landes eine wahre Wasserkatastrophe droht", berichtet das US-Portal "Grid News".

Denn rund 40 Millionen Menschen in sieben Bundesstaaten und selbst Teile Mexikos sind abhängig vom Wasser des weltbekannten Flusses und seiner Stauseen. Damit wurde in den letzten Jahrzehnten alles andere als sparsam umgegangen, wie auch Bilder von mondänen Einfamilienhäusern samt grünem Rasen und gefüllten Swimmingpools mitten in der Wüste von Nevada beweisen:

Las Vegas wächst immer weiter in die Wüste hinein, auf Kosten der Wasserversorgung.
Las Vegas wächst immer weiter in die Wüste hinein, auf Kosten der Wasserversorgung.
John Locher / AP / picturedesk.com

Wasser seit Jahrzehnten verschwendet

Während im Jahr 2000 sowohl der Lake Powell als auch der Lake Mead auf rund 95 Prozent ihrer Kapazität gefüllt waren, sind es jetzt nur noch 22 bzw. 27 Prozent. Bald gibt es laut dem Magazin "The Hill" nicht mehr genug Wasser, um die Strom-Turbinen des Hoover Damms auf voller Leistung zu betreiben.

"Wir haben den Fluss vor einem Jahrhundert überlastet, dann haben eine ganze Reihe von Gemeinden nach Treu und Glauben Entscheidungen getroffen, Städte und Farmen in der Wüste zu bauen", warnt John Fleck, Professor an der University of New Mexico gegenüber "Grid News". "Und der Klimawandel hat dieses Problem nur noch verschlimmert."

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    Eine Boje mit der Aufschrift "Keine Boote (erlaubt)" im Lake Mead. Mittlerweile gibt es an ihrer Position kein Wasser mehr.
    Eine Boje mit der Aufschrift "Keine Boote (erlaubt)" im Lake Mead. Mittlerweile gibt es an ihrer Position kein Wasser mehr.
    FREDERIC J. BROWN / AFP / picturedesk.com

    Politik hinkt der Katastrophe hinterher

    Was die US-Politik über Jahrzehnte ignoriert oder verschlafen hat, müsste nun in Windeseile wieder eingeholt werden. US-Präsident Joe Biden hätte sich die Klimaagenda zwar auf die Fahnen geheftet, wird aber im Kongress blockiert. Zudem hat der noch von Donald Trump umgebaute Oberste Gerichtshof den Handlungsspielraum seiner Regierung ein enges Korsett angelegt – in vielen Fällen zu eng, um genug zu bewirken.

    Detailansicht des schwindenden Overton Arms und Virgin Rivers, einem Teil des Lake Mead.
    Detailansicht des schwindenden Overton Arms und Virgin Rivers, einem Teil des Lake Mead.
    NASA Earth Observatory / Lauren Dauphin

    Zumindest haben die Bundesbehörden die sieben Anrainerstaaten des Colorado Rivers nun angewiesen, einen Wasser-Sparplan zu erstellen. Schon 2023 sollen mindestens 2.500 Millionen Kubikmeter Wasser weniger verbraucht werden. Die Krux: Man bezieht sich dabei auf die bereits 100 Jahre alten Verträge, die nicht nur in feuchteren Zeiten geschlossen wurden, sondern auch damals schon die verfügbare Wassermenge des Flusses überschätzten.

    Vielleicht schon zu spät

    Im renommierten Fachmagazin "Science" haben John C. Schmidt, Direktor des Center for Colorado River Studies der Universität Utah, und seine Kollegen eine Studie über verschiedene Szenarien der Wasser-Sparmaßnahmen veröffentlicht.  Ihr Fazit erschüttert. Mit einmal weniger Rasen gießen, ist es nicht getan. Um den Fluss und die Stauseen zu stabilisieren, seien Einschnitte erforderlich, die "undenkbar erscheinen mögen". Zusätzlich zu den Sparmaßnahmen müssten die Speicherseen umgebaut und die uralten Wasserrechte neu ausgehandelt werden.

    Diese Herausforderung könne "nicht mit Maschinen oder Technologie oder Milliarden von Dollar bewältigt werden", schreibt Autor und Journalist Jonathan P. Thompson auf seinem Blog "The Land Desk". Auch seine Prognose ist düster: "Der einzige Ausweg ist Einschränkung, aber dafür ist es vielleicht schon zu spät".

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      04.05.2024: AstraZeneca gesteht erstmals schwere Nebenwirkungen ein. AstraZeneca sieht sich in Großbritannien mit einer Sammelklage konfrontiert. In einem Gerichtsdokument gesteht der Konzern schwere Nebenwirkungen ein.
      REUTERS