Politik

Verfassungsschutz-Razzia sorgt für Polit-Vorwürfe

Die Razzia beim Verfassungsschutz wegen Verdachts auf Datenmissbrauchs und der Veruntreuung von Informanten wirft immer mehr Fragen auf.

Heute Redaktion
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Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung.
Bild: picturedesk.com

Das Innenministerium hatte vor wenigen Tagen Berichte bestätigt, dass gegen drei Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) Ermittlungen laufen. Demnach stehen die Personen im Verdacht, Daten missbräuchlich verwendet und Zahlungen für Informanten veruntreut zu haben. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat die Ermittlungen übernommen, es gab auch eine Razzia im BVT.

Wie "profil" und "Der Standard" nun berichten, gibt es in der Causa verwirrende Umstände. Bei den Hausdurchsuchungen sei auch Datenmaterial beschlagnahmt worden, das "in keinem erkennbaren Zusammenhang zu dem laufenden Ermittlungsverfahren" stehe. So sei die Festplatte der Leiterin des BVT-Extremismusreferats Sibylle Geißler kopiert und mitgenommen worden.

EGS statt Cobra eingesetzt

Besonders brisant: die Platte enthält den gesamten Extremismus-Ermittlungsstand des BVT zurück bis ins Jahr 2006, darunter auch Erkenntnisse des Verfassungsschutzes zu Burschenschaftern und Identitären. Geißler wird in dem Ermittlungsverfahren allerdings nur als Zeugin geführt, nicht als Beschuldigte. Und auch, wer den Einsatz angeordnet haben soll, ist ebenso brisant.

Das Justizministerium soll über die Operation vorab nicht informiert worden sein. "Die Situation wird von uns derzeit eingehend geprüft", so der Generalsekretär des Justizressorts Christian Pilnacek. Tatsache sei laut Berichten, dass die Hausdurchsuchungen von der "Einsatzgruppe zur Bekämpfung von Straßenkriminalität" (EGS) auf Anordnung der WKStA durchgeführt wurde. Kurios: die EGS sind Sondereinheiten der Polizei, die bei der Straßenkriminalität wie Drogendelikten oder Körperverletzung zum Einsatz kommen.

EGS-Leiter ist Wolfgang Preiszler, zugleich FPÖ-Gemeindepolitiker und -Gewerkschafter. In Auftrag gegeben haben soll den Einsatz, den eigentlich die "Cobra" hätte durchführen müssen, der von FPÖ-Innenminister installierte Generalsekretär Peter Goldgruber. Preiszler und Goldgruber wollten sich laut den Medien zum Einsatz nicht äußern.

Innenministerium widerspricht, Justizministerium prüft

Das Bundesministerium für Inneres unter Herbert Kickl (FPÖ) widerspricht den "verbreiteten Spekulationen" und lässt dazu dann auch Goldgruber zu Wort kommen: "Die Verfahren gegen Mitarbeiter des BVT werden von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft geführt. Die in diesem Zusammenhang durchgeführten Hausdurchsuchungen wurden daher ebenfalls von Staatsanwälten geleitet, die allfällige Daten mit eigenem Personal gesichert und auch mitgenommen haben. Die für den Einsatz angeforderte Polizeieinheit EGS hat diese staatsanwaltlichen Aktionen lediglich begleitet."

Das Innenministerium wisse nicht, welche Daten beschlagnahmt wurden und welche EGS-Polizisten am Einsatz beteiligt waren. Die "medial konstruierte Geschichte, das BMI habe sich durch eine von einem FPÖ-Mitglied geführte Einheit Zugang zu Rechtsextremismus-Daten verschafft bzw. verschaffen wollen, verweist sich anhand der geschilderten Tatsachen von selbst ins Reich der 'Fake News'", so Goldgruber. Allerdings: Das Justizministerium schaltet sich in Affäre ein und prüft, wie es zu den Vorgängen kam. (red)