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Angst vor Impfzertifikat als "Überwachungsurkunde"

In der Schweiz blickt man einem Ende des Covid-Zertifikats entgegen. Viele befürchten nun, dass es in anderen Bereichen zum Einsatz kommen könnte.

Robert Cajic
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In der Schweiz sehnt man sich dem baldigen Ende der 2G-Regelung herbei. (Symolfoto)
In der Schweiz sehnt man sich dem baldigen Ende der 2G-Regelung herbei. (Symolfoto)
GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com

Ohne 2G-Regel wird das Impfzertifikat überflüssig. Soweit sein dürfte es in der Schweiz spätestens Ende März, wenn sich die Corona-Maßnahmen lockern, meinte Gesundheitsminister Alain Berset. Daran glaubt Internet-Aktivist und Datenschutzexperte Hernâni Marques jedoch nicht.

App-Einsatz laut Aktivist in der Klima- und Sicherheitspolitik möglich

"Es wäre ein Novum, wenn eine Regierung ein neues digitales Instrument in den Abfall werfen würde, nachdem es seinen Nutzen erfüllt hat", sagte Marques. Nach der Pandemie könnte es zum Beispiel in der Klima- und Sicherheitspolitik eingesetzt werden. Vorstellbar sei, das Zertifikat im Kampf gegen Co2-Emissionen zu verwenden, so Marques. "Haben die Nutzer zum Beispiel ihr Flugguthaben aufgebraucht, könnten sie ein Flugverbot erhalten."

Die Behörden und Privatanbieter hätten beste Voraussetzungen, um solche Zertifikate durchzusetzen, meinte Marques. "Das Sammeln digitaler Daten gewinnt zunehmend an Bedeutung. Im schlimmsten Fall laufen wir in eine Überwachung hinein, die in China bereits existiert."

Private könnten auf den Geschmack gekommen sein

Auch Staatsrechtler beschäftigt das Thema. Laut Felix Uhlmann, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Zürich, könnte das Zertifikat für Auslandsreisen weiterhin bestehen. Private Unternehmen könnten aber auf den Geschmack gekommen sein, vermutete Uhlmann. "Sie haben herausgefunden, dass ihnen das Zertifikat in gewissen Bereichen dient und werden sich neue Anwendungsbereiche überlegen."

Und auch für die Nachtszene und Stadien ist das Zertifikat laut Marques attraktiv. Es würde dann den Gefährder-Status angeben. "Personen, die zum Beispiel in einem Club Gäste belästigten oder in Fußballstadien gewalttätig waren, könnten keinen Einlass mehr erhalten."

Eine Überwachung der Bürger droht laut Uhlmann jedoch nicht. "Schon bei der Covid-App gilt ein sehr strenger Datenschutz." Daher würden solch neue Zertifikate nur eingeführt, wenn diese den Datenschutz nicht verletzen.

Angst vor Vollüberwachung steigt

Auf politischer Ebene hätten solche weiterführende Zertifikate keine Chancen. "Die unendliche Geschichte des zertifizierten Bürgers muss ein Ende haben – auf der ganzen Linie", forderte SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel. Sei die 2G-Regel gefallen, müssten die Behörden das Covid-Zertifikat "sofort deaktivieren". "Es darf weder öffentlichen noch privaten Institutionen die Möglichkeit geboten werden, Bürger zu überwachen." Ansonsten öffne die Schweiz einer "Vollüberwachung á la Big Brother Tür und Tor", so der Politiker.

Bundesamt für Gesundheit hält sich bedeckt

Auch Grünen-Nationalrat Kurt Egger sagte: "Das Zertifikat wurde für die Pandemie und nichts anderes geschaffen." Sobald es die epidemiologische Lage zulasse, müsse dieses entfernt werden. "Es für andere Zwecke wie Klimasünder zu nutzen, wäre zu aufwändig und vom Datenschutz her nicht durchsetzbar."

Auf die Frage, ob das Zertifikat deaktiviert werde, sobald dieses nicht mehr vorgewiesen werden müsse, hieß es vom Bundesamt für Gesundheit: "Wir können nicht so langfristig spekulieren, auch wenn wir von Ende März sprechen." Der Bundesrat evaluiere die Lage laufend und passe die Maßnahmen an die Entwicklung der epidemiologischen Lage an.

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