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Vier Scheine für einen Job: Kammer blockiert Reform

Heute Redaktion
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Bild: Helmut Graf

"Wer im Gewerbe tätig ist, muss im Schnitt vier Gewerbescheine mitschleppen", hatte Vizekanzler Mitterlehner (VP) im Juli beklagt. Die Regierung versprach eine "Deregulierung". Am Mittwoch wird die Reform präsentiert. Ein "Heute" vorliegender Entwurf enttäuscht: Die VP-dominierte Wirtschaftskammer, die für jeden Schein extra kassiert, blockiert.

"Wer im Gewerbe tätig ist, muss im Schnitt vier Gewerbescheine mitschleppen", hatte Vizekanzler Mitterlehner (VP) im Juli beklagt. Die Regierung versprach eine "Deregulierung". Am Mittwoch wird die Reform präsentiert. Ein "Heute" vorliegender Entwurf enttäuscht: Die VP-dominierte Wirtschaftskammer, die für jeden Schein extra kassiert, blockiert.
Vor 157 Jahren trat Österreichs erste Gewerbeordnung in Kraft. Im Vordergrund stand, dass man für gefährliche Arbeiten einen Befähigungsnachweis braucht. Dabei blieb es nicht. Heute stehen wir bei 80 reglementierten, 21 teilreglementierten und 440 freien Gewerben. Für Letztere braucht man zwar keinen Befähigungsnachweis, muss aber Gewerbescheine lösen – mit absurden Folgen.

Ein Beispiel: Die meisten der 24.000 Werbeagenturen (28.000 Jobs) sind Einpersonenunternehmen. Fürs Werben ist ein Gewerbeschein nötig – dafür sind jährlich 85 Grundumlage an die Kammer fällig. Für Fotos, etwa einen Instagram-Account, braucht es den Fotografie-Schein (210 ). Auch Videos (159) und Website- Programmieren (61 ) kosten extra. Das hemmt das Unternehmertum. Die Regierung hatte deshalb am 5. Juli beschlossen, eine "einheitliche freie Gewerbeberechtigung", einen Schein für alle "Freien" zu schaffen.

Fest steht: Die 21 teilreglementierten Gewerbe sollen mit der Reform der Vergangenheit angehören. 19 von ihnen, etwa Änderungsschneiderei, Wäschebügeln, Speiseeiserzeugung, das Erzeugen von Lebzelten und das Modellieren von Fingernägeln, sollen komplett freigegeben werden.

Bis Dienstag blieb es beim Vorhaben. Unterstützt wird die VP-Kammer von SP-Gewerkschaftern, die um die Lehrlingsausbildung fürchten. Heute geht das rot-schwarze Tauziehen ins Finale. Teilerfolg: Gewerbeanmeldungen werden kostenlos.

Aus der Liste der 21 teilreglementierten Gewerbe werden 19 "befreit" – "Heute" berichtete. Bauaushub dürfen Baumeister machen, Huf- und Klauenbeschlag wird das 81. reglementierte Gewerbe – denn den Vorschlag von Kanzler Kern (SP), 16 reglementierte Gewerbe zu "befreien", quittierte am Montag ein VP-Verhandler mit den Worten: "Gestrichen wird nichts."