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Riesiger Missbrauchsfall in Yoga-Szene aufgedeckt

Heute Redaktion
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Über 40 Frauen aus aller Welt erheben schwere Vorwürfe gegen einen populären Yoga-Guru, er soll sie belästigt und missbraucht haben. Solche Übergriffe sind im Yoga keine Seltenheit.

"Ich wandte mich mit einem ernsten Problem an Swami, doch er hörte mir gar nicht zu. Er wiederholte nur ständig, dass drei Stunden Sex täglich die Lösung seien. Natürlich bot er sich mir als Partner an und berührte mich", schreibt eine anonyme Benutzerin auf der Plattform Tripadvisor über den Yoga-Guru Swami Vivekananda Saraswati. Sie ruft dazu auf, vorsichtig zu sein, sollte man Swamis Yoga-Schule auf der thailändischen Insel Khoa Pha Ngan besuchen wollen: "Sie werden versuchen, dich zu manipulieren, zu berühren und zum Sex zu bewegen."

Der Beitrag der Userin stammt aus dem Jahr 2014. Vor wenigen Tagen nun wurde bekannt, dass der renommierte Guru über einen Zeitraum von 15 Jahren Frauen belästigt und missbraucht haben soll. Die Übergriffe hätten sich alle an seiner Agama-Yoga-Schule abgespielt. Swami ist nicht der einzige Lehrer, der sich an Schülerinnen vergriffen haben soll. Die Schule hat die Vorfälle kürzlich bestätigt, alle beschuldigten Lehrer hätten den Ort bereits verlassen. Swami selber ist untergetaucht.

"Sex mit ihm sollte helfen und heilen"

Laut einem Bericht der "Zeit" haben sich mittlerweile über 40 Frauen an die Öffentlichkeit gewandt und von Missbrauch oder Vergewaltigung berichtet, die sie auf der Aussteigerinsel erleben mussten. "Ich bin jahrelang zu Swami gegangen, um geheilt zu werden. Er überzeugte mich, dass Sex mit ihm helfen würde", wird eines der Opfer zitiert. Als sie eines Tages neben dem Guru auf dem Bett gelegen sei, habe er sie abrupt auf den Rücken gedreht und anal vergewaltigt.

Der Agama-Leher war bereits früher aus einem Yoga-Zentrum in Indien ausgewiesen worden, da er des sexuellen Missbrauchs an Schülern überführt worden war. Zur Agama gehört auch Tantra-Yoga, wobei sexuelle Erfahrungen eine Rolle spielen. Auf Khoa Pha Ngan selber seien einige Vorfälle seit Jahren bekannt gewesen – nur: Gewehrt habe sich nie jemand, die Aufklärung sei von der Schule verschleppt worden, wie eine Insiderin der "Zeit" berichtet.

Zahlreiche weitere Fälle von Missbrauch

Der Fall von Swami Vivekananda Saraswati ist längst kein Einzelfall. Auch in anderen Yoga-Arten sind ähnliche Vorfälle publik geworden, bei denen die spirituellen Lehrer sich an Schülerinnen vergangen haben sollen. So wurde etwa nach dem Tod des Ashtanga-Yoga-Erschaffers K. Pattabhi Jois bekannt, dass dieser eine seiner ehemaligen Schülerinnen jahrelang körperlich missbraucht haben soll. Weitere Frauen berichteten, wie der Lehrer sie an und in der Vagina berührt habe – angeblich nur um Yoga-Positionen zu korrigieren.

2013 wurde der ebenfalls populäre Guru Bikram Choudhury, der Pionier des Bikram-Yoga, wegen mehrfacher Vergewaltigung verurteilt. Seine Schulen existieren bis heute, der Guru selber ist geflohen. Diese und zahlreiche weitere Fälle haben den weltweit größten Yoga-Verband Yoga Alliance nun dazu veranlasst, die Verhaltens-Charta für Yoga-Lehrer zu überarbeiten.

Schule bleibt vorerst geschlossen

Auf Koh Pha Ngan hat sich laut der "Zeit" seit der Aufdeckung der Missbräuche einiges verändert: So würden wöchentliche Frauenkreise veranstaltet, um betroffenen Schülerinnen zu helfen, und verschiedene Kurse würden damit werben, ein "sicherer Ort" zu sein. Viele Häuser seien plötzlich leer, die unzähligen Yoga-Touristen blieben aus und die bekannte Agama-Schule sei bis im Dezember geschlossen.

Doch auch global scheint sich etwas zu bewegen. Per Instagram hat die amerikanische Autorin Rachel Brathen Frauen dazu aufgerufen, ihr von persönlichen Erfahrungen mit Übergriffen oder Missbrauch durch Yoga-Lehrer zu erzählen. Sie habe bereits über 300 Meldungen erhalten, sagt Brathen der "Zeit". Seit Jahren seien ihr Missbrauch, Belästigung und Frauenfeindlichkeit in der Yoga-Szene bekannt. (red)