Österreich

Menschen campieren in St. Pölten trotz Corona am See

Heute Redaktion
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Bild: privat

Alle Jahre wieder kommen Minderheiten nach St. Pölten und campieren rund zwei Wochen beim Ratzersdorfer See: Heuer war die Situation wegen Corona besonders heikel.

Jedes Jahr im Frühjahr kommt eine ethnische Minderheit mit Dutzenden Autos mit Wohnwägen nach St. Pölten ("Heute" berichtete). Und jedes Jahr wird FP-Politiker Klaus Otzelberger nicht müde, dies heftig zu kritisieren: "Jugendliche werden bestraft und diese Leute nicht. Verbotsschilder stehen dort, aber egal, die Behörde sieht weg", so Otzelberger.

Der SP-Bürgermeister wies stets auf die Menschenrechte hin und duldete somit die Besucher.

Doch durch COVID-19 wurde die Lage nochmal verschärft. "Um die weitere Ausbreitung des Corona-Virus zu stoppen, dürfen von der Behörde auch hier keine Ausnahmen gemacht werden. Diese Personen ignorieren die aus Sicherheitsgründen verordnete Ausgangsbeschränkung. Unsere Telefone laufen heiß, denn verunsicherte Bürger verstehen nicht, warum hier Ausnahmen gemacht werden", sind die FP-Stadträte Klaus Otzelberger und Martin Antauer empört.

Seit zwei Tagen gab es jedoch von Seiten der Stadt, in Kooperation mit der Polizei, Lösungsansätze. Denn: Das fahrende Volk darf derzeit nicht ausreisen, könnte zwar weggewiesen werden, würde dann aber nur weiterziehen.



Lange Rechtfertigung

"Das ziehende oder fahrende Volk ist eine Volksgruppe, die wir in Österreich und in Europa schon seit Jahrzehnten anerkannt haben und die zu unserer Geschichte und Tradition gehört. Auch in einer gewissen historischen Verantwortung heraus, wurde diese Volksgruppe doch im NS-Regime rigoros verfolgt und vernichtet, haben wir in St. Pölten immer eine gute Lösung gefunden, um den ziehenden Menschen eine Rastmöglichkeit zu geben und die Anrainer nicht über Gebühr zu belasten. Aus vielen Überlegungen heraus war das Grundstück bzw. der Parkplatz am See eine geeignete Stelle. Als Hintergrund muss man auch verstehen, dass ein Roma/Sinti – Lager quasi die Wohnung, das Zuhause bzw. das Wohnzimmer für das fahrende Volk darstellt. Alles was dort passiert, passiert sozusagen in den eigenen vier Wänden. Sollte hingegen der dringende Verdacht bestehen, dass in diesem Lager Fälle von Viruserkrankungen, Ansteckungen, usw. aufgetreten sind, ist natürlich die Bezirksverwaltungsbehörde aufgerufen einzuschreiten und notwendige Maßnahmen (Evakuierung, Quarantäne, usw.) anzuordnen. Da bisher keinerlei Verdachtsmomente für das Einschreiten der Gesundheitsbehörde vorliegen, kann diese nicht wirklich tätig werde", so Michael Koppensteiner vom Magistrat.

Jetzt bei Stadtsportanlage

"Nun können wir diese Gruppe nicht einfach verdrängen oder auflösen, denn neben dem Recht hier zu sein können sie faktisch auch nirgendwo anders hin, nachdem die meisten relevanten Grenzen geschlossen sind. Daher haben wir Gespräche mit den Gruppen geführt und sie davon überzeugen können, auf eine Fläche in der Nähe der Güterzugumfahrung/Stadtsportanlage umzusiedeln. Auch die Polizei unterstützt uns bei dieser Maßnahme. Dort gibt es Infrastruktur, wie Wasser und Strom. Mitarbeiter der Stadt und der Polizei haben sie auch nochmals gesondert über Rechte und Pflichten informiert, sowie auch für die aktuelle Situation sensibilisiert", so Koppensteiner weiter.