Volksmusik-Flussfahrt als Superspreader-Event

Superspreading auf der MS Swiss Crystal: Auf einer Volksmusikschifffahrt-Reise von Passau (D) nach Frankfurt am Main (D) vom 10. bis 17. Oktober haben 92 Passagiere feuchtfröhlich gelacht, getanzt und gesungen. Nun wurden 60 Passagiere positiv auf das Virus getestet, wie Organisator Hanspeter Balsiger gegenüber "Blick" sagt.

Auch die Schlagersängerin Monique hat sich auf dem Schiff mit dem Coronavirus infiziert. «Zuerst hatte ich Gliederschmerzen, dann kamen Fieber und Halsweh hinzu. Ich ließ mich umgehend testen, wobei mein Arzt meinte, dass das wohl eine Grippe sei», so die 43-Jährige. "Als ein Tag später das positive Ergebnis kam, war es ein großer Schock für mich."

Auf dem Flussfahrtschiff selbst habe Maskenpflicht gegolten, und bei den Passagieren wurde täglich Fieber gemessen. Aus diesem Grund sei es unklar, wo sich Monique und die anderen 59 Gäste angesteckt haben. "Es ist auch möglich, dass sich jemand bei einem Landausflug oder im Reisebus angesteckt hat und das Virus weitergab", so die Sängerin.

"Wir haben das Schutzkonzept umgesetzt"

Veranstalter Hanspeter Balsiger und seine Ehefrau Elsbeth gehören auch zu den Infizierten. Es gehe ihm aber gut: "Ich bin unglaublich müde, habe sonst aber keine Symptome." Wie es zum Ausbruch kam, kann er sich nicht erklären: "Wir haben das Schutzkonzept umgesetzt. Ich habe sogar statt zwei Cars zwei Doppelstock-Busse eingesetzt, damit sich die Leute verteilen konnten."

Der Musiker Daniel Kissling war mit dem Schwyzerörgeliquartett Längenberg auf der MS Swiss Crystal. Nach der Reise traten bei ihm Husten sowie Kurzatmigkeit auf, und er verlor seinen Geschmacks- und Geruchssinn. Dann kam die Diagnose: Corona-positiv. Laut Kissling sind die Abstände auf dem Boot stets eingehalten worden. Dennoch sei man während mehrerer Stunden im selben Raum gewesen, durfte die Maske am Tisch abziehen, während die Blaskapelle spielte und Monique sang und jodelte.

"Schifffahrt hätte nicht stattfinden dürfen"

Der Epidemiologe Andreas Cerny findet es nicht überraschend, dass es dabei zu einem "Superspreading" kam: "Man ist auf engem Raum über Tage zusammen, trifft sich in wechselnder Zusammensetzung zum Essen und an der Bar, wo man bei der Konsumation natürlich keine Maske trägt und bei Blasmusik und Jodel im Hintergrund laut sprechen muss. Hier kommt es sowohl zu Tröpfchen- wie auch zu Aerosolbildung und damit zur Übertragung des Virus." Laut Cerny hätte die Flussschifffahrt nicht stattfinden dürfen. Wahrscheinlich habe man die Planung gemacht, als die Fallzahlen noch tief waren.

Der Schlagersängerin Monique geht es bereits wieder besser: "Ich habe auf Medikamente verzichtet, viel Ingwertee mit Honig und Zitrone getrunken." Ihr Partner, der 48-jährige Dani Kopp, der ebenfalls auf dem Schiff mitreiste, habe sich auf dem Schiff nicht infiziert. Er befindet sich aber auch in Quarantäne, wie so viele andere Reisende der MS Swiss Crystal.