Obwohl das Buch "Fräulein Else" von Arthur Schnitzler († 1931) vor mehr als 100 Jahren veröffentlicht wurde, ist es heute relevanter denn je. Das Werk dreht sich um Machtmissbrauch, Doppelmoral und die Kommodifizierung weiblicher Körper.
Das Volkstheater greift in "Fräulein Else" (Premiere am 8. Februar) die Geschichte frei nach Schnitzler wieder auf. Julia Riedler (34) schlüpft in dem Soloprojekt in die Rolle der jungen Frau und denkt Elses Bewusstseinsstrom gemeinschaftlich weiter. Regie und Konzept sind von Leonie Böhm (43).
In dem Werk von Schnitzler geht es um Else, deren Leben erschüttert wird, als ihr Eltern sie bitten, Herrn Dorsday, nach Geld zu fragen. Der Vater der jungen Frau hat sich nämlich verschuldet und ihm drohen Jahre im Gefängnis, sollte Else die Gulden nicht besorgen können.
Für Dorsday kommt die Hilflosigkeit der schönen Else ganz gelegen, denn der ältere Herr hat schon länger ein Auge auf sie geworfen und nutzt die Situation dreist aus: Er möchte Else 15 Minuten lang nackt anschauen, dann wird er ihrer Familie das Geld schicken.
„Das ist ein 100 Jahre alter Me-too-Fall“Julia Riedlerim Gespräch mit "Heute"
Für Else beginnt ein Gedankenkarussell. Jede Faser ihres Körpers weigert sich, aber sie muss die Familienehre retten. "Wir als Leser dürfen in dem Kopf von Else dabei sein und ihre Gedanken kriegen wir mit heimlich und dadurch, dass wir das auf der Theaterbühne machen befreien wir das von jeder Heimlichkeit", erklärt Hauptdarstellerin Julia Riedler, die Darstellung Elses Zerrissenheit auf der Bühne.
"In dem ganzen Buch von Schnitzler geht es nur darum, dass ein Mensch eine Entscheidung trifft. Die Frage 'Was macht sie?' muss beantwortet werden und das ist super spannend, weil wir diese Frage mit dem Publikum zusammen beantworten müssen", so die Schauspielerin.
"Eigentlich kann man Else auch schnell verurteilen dafür, dass sie sich nackt vor dem Dorsday auszieht. Bei Schnitzler ist es auch sehr skandalös. Die Leute sind entsetzt und Else muss sich umbringen. Der Versuch ist das umzuwandeln, dass gesagt wird, dass skandalöse ist nicht, wie Else sich verhält, sondern dass sie von ihrem Vater und vom Herrn Dorsday in diese Situation gebracht wurde", erklärt Rielder die Thematik des Stückes.