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Von Bomben geweckt, eine Woche später im Tennis-Finale

Nach der Flucht aus ihrer Heimat hat die ukrainische Tennisspielerin Dajana Jastremska den Titel beim WTA-Turnier in Lyon nur knapp verpasst.
20 Minuten
07.03.2022, 08:50

Eine rührende, ja auch ein wenig tragische Geschichte ist am Sonntag vorläufig zu Ende gegangen. Noch vor einer Woche ist die ukrainische Tennisspielerin Dajana Jastremska laut eigenen Aussagen von russischen Bomben aus dem Schlaf gerissen worden, nun hat sie im Finale beim WTA-250-Turnier in Lyon den Sieg knapp verpasst. Im Endspiel verlor die 128 der Welt gegen die Chinesin Zhang Shuai (WTA 64) in drei Sätzen mit 6:3, 3:6, 4:6. Damit verpasste die 21-Jährige ihren insgesamt 4. WTA-Titel, den ersten seit fast drei Jahren.

Aber das sind wohl Details, die der Ukrainerin derzeit nicht so wichtig sind. Zu viel hat sie in der letzten Woche erlebt. Und tatsächlich ist es schwer vorstellbar, was Jastremska seit dem Start des Krieges, nach dem das russische Militär die Ukraine angegriffen hat, alles durchmachen musste.

"Mama, Papa, wir lieben euch sehr"

In Odessa, einer Hafenstadt in der Ukraine, verbrachte die Tennisspielerin zusammen mit ihrer Familie zunächst zwei Nächte in einer Tiefgarage. Dies, um sich vor russischen Angriffen zu schützen. Dann trafen ihre Eltern die Entscheidung, sie und ihre kleine Schwester (15) aus der Ukraine zu bringen. "Das wollten sie um jeden Preis", schrieb Jastremska später auf Instagram.

So packte die Familie ihre wenigen Habseligkeiten und fuhr mit dem Auto an die rumänische Grenze. Dort trennten sich die Wege der Eltern und der Kinder. Wehrfähige Männer dürfen das Land derzeit nicht verlassen, die Mutter wollte ihren Ehemann und Papa der Kinder aber nicht allein lassen. Und so fuhren Jastremska und ihre 15-jährige Schwester mit dem Schiff alleine über die Donau nach Rumänien.

Von dort aus ging es mit dem Flieger weiter nach Lyon, dort hatte sie für das WTA-Turnier eine Wildcard erhalten. Auf Instagram schrieb die 21-Jährige nach ihrer Flucht: "Mama, Papa, wir lieben euch sehr, passt auf euch auf!!! Ich liebe mein Land! Ukrainer, passt auf euch auf!" Und: "Mein Herz bleibt zu Hause, und mein Verstand kämpft hier, deshalb ist es sehr schwierig, die Konzentration zu finden, das Gleichgewicht zu finden."

In Lyon eilte sie von Sieg zu Sieg

Doch sie fand sie, die Konzentration. In Lyon eilte sie von Sieg zu Sieg – und äußerte sich immer wieder sehr emotional. Nach ihrem Sieg im Halbfinale gegen Sorana Cirstea (ROM/WTA 30) meinte sie beispielsweise: "Ich bin unglaublich stolz, Ukrainerin zu sein. Und ich bin stolz darauf, wie alle Ukrainer gemeinsam für die Freiheit einstehen. Das gibt mir die Kraft, um auf dem Tennis-Court zu kämpfen. Meine Siege sind für die Ukraine." Erst den Final verlor sie. Damit ist die Geschichte von Jastremska erstmals zu Ende gegangen. Der Krieg in der Ukraine, er ist aber noch nicht zu Ende.

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