Life

Darum ist die Fledermaus immer noch eine "Maus"

Heute Redaktion
Teilen

Die Fledermaus ist eigentlich gar keine Maus. Als deutsche Biologen diesen Fehler in der Nomenklatur korrigieren wollten, zogen sie damit den Zorn Adolf Hitlers auf sich.

Eigentlich wollten wir ja einen ganz anderen Artikel schreiben. Bei der Recherche dazu stießen wir aber auf eine historische Begebenheit, die alleine schon einen eigenen Beitrag in der Kategorie "Kurioses Wissen" wert ist. In diesem Sinne: Wusstest du, dass es die Bestrebung gab, die beiden Tierarten Fledermaus und Spitzmaus umzubenennen? Und was Adolf Hitler damit zu tun hat?

Die Deutsche Gesellschaft für Säugetierkunde (DGS) argumentierte richtig, dass weder Spitzmaus noch Fledermaus biologisch zu den Mäusen gehören. Deshalb sollte jeweils das inkorrekte "-maus" aus dem Namen gestrichen werden und die Tiere ab sofort als "Spitzer" und "Fleder" (eine veraltete Form von "Flatterer") bezeichnet werden. Diesen Beschluss fassten die Mitglieder bei ihrer 16. Hauptversammlung in Berlin.

Hitler verbot "blödsinnige Umbenennung"

Das war anno 1942, am Höhepunkt des Zweiten Weltkriegs – und stieß einem Mann besonders sauer auf. Nach dem Lesens der Berichterstattung der Berliner Morgenpost mit dem Titel "Nicht mehr Fledermaus!" erteilte Adolf Hitler höchstpersönlich den Befehl, die von der DGS vorgeschlagenen Änderungen sofort rückgängig zu machen.

NSDAP-Kanzleileiter Martin Bormann gegenüber soll Hitler seinem Befehl mit folgenden Worten Nachdruck verliehen haben: "Wenn die Mitglieder der Gesellschaft für Säugetierkunde nichts Kriegswichtiges und Klügeres zu tun hätten, dann könnte man sie vielleicht einmal längere Zeit in Baubataillonen an der russischen Front verwenden." Sollten "derart blödsinnige Umbenennungen" noch einmal erfolgen, dann werde er [Hitler] zu "entsprechenden Maßnahmen greifen".

DGS wurde handlungsunfähig gemacht

Krieg, politische Anschläge und Verfolgung einiger Mitglieder sowie schließlich auch das 1944 erlassene Publikationsverbot durch das NS-Schreckensregime machten die DGS in Folge praktisch handlungsunfähig. Erst Jahre nach Kriegsende trafen sich die verbliebenen Mitglieder wieder zu einer Hauptversammlung – und namen sich erneut des Problems der Nomenklatur an.

Die Gesellschaft gibt es auch heute noch und ist damit die weltweit zweitälteste Fachgesellschaft. Die meisten, der seither von ihr vorgeschlagenen Namen sind auch tatsächlich in Gebrauch, wie Rainer Hutterer vom Zoologischen Forschungsinstitut Alexander Koenig in Bonn in seiner Abhandlung über die Geschichte der DGS schreibt. Nur Fleder- und Spitzmaus sind auch heute im alltäglichen Sprachgebrauch noch Mäuse, obwohl sie eigentlich keine sind.