Politik

Wegen "Aula": Österreich vor Gericht verurteilt

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Republik Österreich in der Causa "Landplage" verurteilt.

Heute Redaktion
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Einer der letzten Holocaust-Überlebenden, Aba Lewit. Hier beim "Fest der Freude" zum Jahrestag des Ende des Zweiten Weltkriegs im Jahr 2014 am Wiener Heldenplatz (Archivbild).
Einer der letzten Holocaust-Überlebenden, Aba Lewit. Hier beim "Fest der Freude" zum Jahrestag des Ende des Zweiten Weltkriegs im Jahr 2014 am Wiener Heldenplatz (Archivbild).
Bild: picturedesk.com

Dabei geht es um diffamierende Behauptungen in der rechten Zeitschrift "Aula". Überlebende des Konzentrationslagers Mauthausen wurden darin im Jahr 2015 als "Landplage" bezeichnet. Der Mauthausen-Überlebende Aba Lewit ging bis zum Menschenrechts-Gerichtshof.

Am Donnerstag fiel das Urteil: Der Staat Österreich hat es im Umgang mit der Causa unterlassen, den Holocaust-Überlebenden Aba Lewit vor den Behauptungen der "Aula" zu schützen. Österreich muss Lewit deshalb über 5.000 Euro Schadenersatz und fast 7.000 Euro an Prozesskosten zahlen.

Die Vorgeschichte

Im Sommer 2015 veröffentlichte das rechtsgerichtete Magazin "Aula" unter dem Titel "Mauthausen-Befreite als Massenmörder" einen Artikel, der sich mit den Folgen der Befreiung des Konzentrationslagers beschäftigte. "Die Tatsache", so hieß es darin, "dass ein nicht unerheblicher Teil der befreiten Häftlinge aus Mauthausen den Menschen zur Landplage gereichte, gilt für die Justiz als erwiesen und wird am Donnerstag nur noch von KZ-Fetischisten bestritten."

Die daraus resultierenden Ermittlungen wegen Wiederbetätigung wurden mangels Lob des Nationalsozialismus eingestellt. Für Empörung sorgte die Begründung der damals zuständigen Staatsanwältin: Es sei "nachvollziehbar, dass die Freilassung mehrerer tausend Menschen aus dem Konzentrationslager Mauthausen eine Belästigung für die betroffenen Gebiete Österreichs darstellte." Sogar Christian Pilnacek, Chef der Strafrechtssektion im Justizministerium, nannte es eine "Menschenverachtung, die beispiellos ist".

In der "Aula" freute man sich darüber, berichtete über die Einstellung des Strafverfahrens und wiederholte die umstrittenen Aussagen über KZ-Befreite als "Massenmörder", "Kriminelle" und "Landplage".

Österreichs Gerichte taten nichts

Aba Lewit und neun weitere Mauthausen-Überlebende zogen daraufhin vor das Landesgericht Graz. Sie klagten - obwohl sie nicht namentlich genannt worden waren - auf üble Nachrede und Beleidigung und verlangten eine Entschädigung.

Das Landesgericht Graz wies die Klage ab. Das Kollektiv der Mauthausen-Befreiten, das 1945 bis zu 20.000 Personen umfasste, sei zu groß, als dass die Kläger hier persönlich gemeint sein könnten.

Lewit und die weiteren Kläger waren anderer Meinung: Sie seien sehr wohl persönlich erkennbar gewesen, denn heutzutage gibt es nur noch sehr wenig Überlebende - und sie seien in der Öffentlichkeit als aktive Zeitzeugen bekannt.

Doch auch in Berufung vor dem Oberlandesgericht Graz wurde gegen die Holocaust-Überlebenden entschieden.

Bis nach Straßburg

Weil die österreichischen Gerichte die Forderungen abwiesen, zog Lewit bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte - und klagte diesmal die Republik Österreich. Denn diese hätte, durch diese Gerichtsurteile, seinen Ruf nicht vor diffamierenden Behauptungen in der "Aula" geschützt.

Österreich ist am Donnerstag verurteilt worden. Es liegt - nach Meinung der Richter - eine Menschenrechtsverletzung vor. Konkret das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Österreich muss Lewit insgesamt 5.648,48 Euro Schadenersatz und 6.832,85 Euro Prozesskosten zahlen.