Österreich

Rot-Türkiser Streit um Dienstposten in Schulen

Heute Redaktion
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Der Wiener Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky kritisiert den neuen Stellenplan des Bundes massiv: "Die Zahlen zeigen, wovor ich immer gewarnt habe: die Bundesregierung kürzt dort, wo es eigentlich mehr bräuchte".
Der Wiener Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky kritisiert den neuen Stellenplan des Bundes massiv: "Die Zahlen zeigen, wovor ich immer gewarnt habe: die Bundesregierung kürzt dort, wo es eigentlich mehr bräuchte".
Bild: Denise Auer

Laut neuem Stellenplan soll Wien künftig 120 weniger Lehrposten haben. Die Stadt zeigt sich verärgert, die ÖVP Wien kontert, es gebe ausreichend Lehrkräfte.

"Nun liegen die Zahlen auf dem Tisch und sie zeigen, wovor ich immer gewarnt habe: die Bundesregierung kürzt dort, wo es eigentlich mehr bräuchte. Der nun übermittelte Stellenplan des Bundes sieht nämlich weniger Lehrerposten für eine steigende Zahl von Kindern vor", zeigt sich Wiens Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) über die angekündigte Kürzung bei den Lehrern verärgert.

Kritik am Mangel an Lehrkräften in Wien übte im Ö1-"Morgenjournal" am Montag auch der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Pflichtschullehrer, Thomas Bulant – "Heute" hat berichtet.

"Verschlechterung des Schüler-Lehrer-Verhältnisses"

Obwohl heuer rund 1.300 Schüler mehr eine Wiener Pflichtschule besuchen, stelle der Bund im aktuellen Stellenplan 120 Lehrerposten weniger für Wien zur Verfügung. Damit verschlechtere sich das Schüler-Lehrer-Verhältnis. Unter anderem seien auch Stellen für Sprachförderung von der Streichung betroffen.

Ärger über Kürzung bei Deutsch-Unterricht



"Gerade beim Deutschlernen zu kürzen, ist schon ein besonders starkes Stück", zeigt sich Czernohorszky verärgert. Bei den Wiener Kindern werde offenbar gezielt gespart, um dann wieder mit dem Finger auf die Stadt zu zeigen, wenn es Probleme gibt. "Statt weniger brauchen wir in Wiener Schulen deutlich mehr Dienstposten für eine qualitätsvolle Förderung aller Schüler", so der Bildungsstadtrat.

SPÖ sieht urbane Schulstandorte als benachteiligt

Das Institut für höhere Studien (IHS) habe bereits in seiner letzten Berechnung darauf hinwiesen, dass durch die große Anzahl an Kleinstschulen und Größeneffekten in den Städten, die urbanen Schulstandorte tendenziell benachteiligt werden. "Daher haben wir immer auf die Notwendigkeit eines Chancen-Indexes hingewiesen. Schulen mit größeren Herausforderungen brauchen auch mehr Lehrkräfte - die Bundesregierung macht das genaue Gegenteil", kritisiert Czernohorszky.

ÖVP: "Stadt bei Zahlen nur selten zu trauen"

Verärgert sind auch ÖVP Wien Bildungssprecherin Sabine Schwarz und der nicht amtsführende Stadtrat Markus Wölbitsch, wenn auch aus anderem Grund. Sie kritisieren die Behauptungen von FSG-Gewerkschafter Bulant und Stadtrat Czernohorszky als "unrichtig". "Wien hat ausreichend vom Bund finanzierte Lehrkräfte – allerdings ist der Dienstpostenplan vielfach durch Personen besetzt, die keine Lehrkräfte sind, so wie etwa die Schulsozialarbeiter", so Schwarz.

"Schulsozialarbeiter sind Landessache. Die Finanzierung muss vom Landesbudget bereitgestellt werden, ergänzt Wölbitsch. Was Zahlen anbelangt, sei Wien nur selten zu trauen. Das belege auch die erst vergangene Woche offen gelegte Praxis, Bundesmittel für Ganztagsschulplätze anderweitig zu verwenden.

Bund gegen Stadt: Bashing-Vorwürfe gehen weiter

"Es scheint, dass die einzige Lösung der SPÖ für ihr eigenes Versagen Bundesbashing ist. Neu ist nur, dass sich der Bildungsstadtrat diesmal Unterstützung aus der dritten Reihe holt, um mit falschen Behauptungen für Verunsicherung bei Wiens Eltern und Schülern zu sorgen. Ein eventueller Lehrermangel ist bestenfalls hausgemacht, denn bis zu 200 Lehrerinnen und Lehrer pro Jahr ergreifen die erste sich bietende Möglichkeit zur Flucht in andere Bundesländer. Hier sieht die Stadt bislang tatenlos zu", so Schwarz.

Neos sehen "Armutszeugnis"

Kritik an den Kürzungen bei den Lehrern übte auch Neos Wien-Klubchef Christoph Wiederkehr, der diese als "Armutszeugnis" bezeichnete: "Es herrscht Alarmstufe Rot - wir diskutieren über Integration, Gewalt an den Schulen und mangelhafte Bildungsstandards, und dann werden dringend benötigte Fachkräfte gestrichen? Das ist die völlig falsche Richtung, um die öffentlichen Pflichtschulen in Wien nach vorn zu bringen. Die Kürzungen bei Integrations- und Deutschförderungen sind eine Böswilligkeit der schwarz-blauen Bundesregierung, die damit die Zukunft tausender Kinder aufs Spiel setzt". (lok)