Tiere

"Wer zur billigsten Milch greift, stärkt Kälbermafia"

Heute Redaktion
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"Weltreise eines österreichischen Kalbes"! Nach Kälber-Skandal wendet sich österreichischer Mutterkuh-Bauer mit offenem Brief an "Heute"-Leser und Regierung.

Hans Grassauer ist nebenberuflich Mutterkuh-Bauer in Büschendorf (Rottenmann, Steiermark). Hauptberuflich würde sich das finanziell mit so wenigen Tieren nicht rechnen, sagt der 21-Jährige, der schon als Kind im elterlichen Milchbetrieb mitgeholfen hat. Heute habe Grassauer nur noch acht Mutterkühe. Maximal zehn Monate dürfen die Kälber bei ihren Müttern bleiben. Damit ist sein Betrieb eine große Ausnahme. In konventionellen Milchbetrieben wird einer Mutterkuh ihr Kalb kurz nach der Geburt weggenommen und das Muttertier rasch wieder künstlich befruchtet.

Tiertransporte quer durch Europa

Grassauer hat seinen Betrieb auf die "Mutterkuh-Haltung" umgestellt. Natur, Tierwohl und Regionalität sind dem jungen Bauern wichtig, sagt er. Langstrecken-Transporte gibt es bei ihm nicht. Maximal 30 Kilometer werden seine Tiere bis zum Schlachter transportiert, sagt er.

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Nachdem Tierschützer aufdeckten, wie der Leidensweg eines österreichischen Kalbes aussehen kann (Endstation: Schlachtung bei vollem Bewusstsein im Libanon), "Heute" berichtete, meldet sich Grassauer mit folgendem Brief an die Öffentlichkeit. Der Bauer bezieht Stellung zu den Tiertransporten quer durch Europa und "deckt die tatsächlichen Hintergründe" auf, wie er sagt. Denn:

"Nur durch eine exakte Erörterung der Ursachen, kann der Konsument Maßnahmen gegen diese Tierquälerei setzen."

, ist sich Grassauer sicher.

Offener Brief an Bundesregierung, Leser und Konsumenten

"Die Weltreise eines österreichischen Kalbes

Liebe Leserinnen und liebe Leser!

Als steirischer Jungbauer möchte ich mich aus gegebenen Anlass zu den Kälbertransporten in den Libanon und in andere Drittländer äußern. Ich selbst bewirtschafte einen Mutterkuhbetrieb mit 8 Muttertieren, welcher sich aus einem ehemaligen Milchviehbetrieb generiert hat. Zur Umstellung bewegte mich das Wohl der Tiere, die Nachhaltigkeit und speziell der hohe Preisdruck des europäischen Milchmarktes.

Hauptsächlich in den Social - Media – Plattformen gehen zur Zeit die Wogen hoch, der Auslöser ist ja ganz klar das veröffentlichte Video des Vereines „Verein gegen Tierfabriken" (VGT), in den das Leben österreichischer Kälber und der qualvolle Tod publiziert wird. Verständlicher Weise erhitzt das die Gemüter der Menschen und die bestärkt auch die Veganer und Vegetarier in ihrer Meinung und fordern dadurch die Gesellschaft zu einem Reduzieren des Fleischkonsums auf.

Jedoch sollte man sich die Frage stellen, warum es nur so weit kommen kann?

Und möchte auch darstellen und erörtern, dass NICHT der hohe Fleischkonsum dafür ausschlaggebend ist. Hauptsächlich trifft dieses Schicksal Stierkälber, welche Milchviehrassen angehören (wie z.B. Holstein Friesian, die im Video zu sehen waren ) , die wurden verstärkt gezüchtet um die Milchproduktion zu steigern. Durch die hohen Milchleistungen sind diese Rassen schlechter bemuskelt und haben auch mäßige Gewichtszunahmen. Daraus folgt, dass die Stierkälber, welche Milchviehrassen angehören für die Mast in Österreich unrentabel sind.

Jedoch müssen die Kühe von diesen Rassen jährlich ein Kalb gebären um die Milchleistung zu halten, damit sie für den Milchbauern rentabel bleiben.

Unsere österreichischen Milchbauern sind aufgrund des freien Marktes einen sehr großen Preisdruck ausgesetzt. Denn es ist nicht selten, dass in unseren Supermarktregalen, Milch aus den Niederlanden, Deutschland oder gar aus Neuseeland zu finden ist, da ist vom Klimaschutz keine Spur. Dies ist die Ursache für den hohen Preisdruck. In Österreich sind die Produktionskosten eines Liter Milch wesentlich höher als in Deutschland, Frankreich oder in anderen Ländern. Der Grund der höheren Produktionskosten liegt darin, dass in Österreich die Landwirtschaft kleiner strukturiert, aber auch strengeren Qualitätskontrollen ausgesetzt ist. Darum sind die österreichischen Milchbauern gezwungen auf hochgezüchtete Milchviehrassen zu setzen, um konkurrenzfähig bleiben und überleben zu können.

Ausgerechnet darin liegt die Ursache, warum Kälber in das Ausland oder in Drittländer verkauft werden müssen.

Die Mast der Kälber, welche von Kühen mit sehr hoher Milchleistung stammen ist wirtschaftlich in der Alpenrepublik nicht möglich. Meiner Meinung nach müssen die Marktbedingungen für die Milchbauern in Österreich angepasst werden, damit auch die Milchviehhaltung mit den ursprünglich in Österreich gehaltenen Rinderrassen wieder rentabel ist.

Somit möchte ich meinen Appell an unsere neue Bundesregierung richten und hoffe, dass sie das abschreckende Video des VGT zum Nachdenken bewegt, aber auch dass ihnen der tatsächlicher Hintergrund, welchen ich erörtert habe bewusst wird.

Aufmerksam möchte ich auch die österreichische Bevölkerung machen, denn wer immer nur zur billigsten Ware im Milchregal greift, stärkt mit Sicherheit diese „Kälbermafia" und eines steht fest:

Die Milch von nachhaltigen Rindern, sogenannten Zweinutzungsrindern, deren Kälber aus wirtschaftlichen Gründen auch in Österreich aufgezogen werden können, hat ihren Preis! Und es muss auch verdeutlicht werden, dass hier der Klimaschutz beginnt!

Mit besten Grüßen

Hans Grassauer aus Rottenmann"

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