Russland

"Werdet massakriert" – IS-Terroristen drohen Putin

Nach dem Anschlag in Moskau wurden Details zu Geständnissen der Verdächtigen bekannt. Zudem bedroht der "Islamische Staat" all die "brutalen Russen".

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"Werdet massakriert" – IS-Terroristen drohen Putin
Der IS droht Russlands Präsidenten Wladimir Putin mit einem weiteren Massaker.
via REUTERS

Eigentlich verrückt: Der "Islamische Staat" (IS) beharrt darauf, hinter dem Anschlag auf die Konzerthalle Crocus City Hall zu stehen, innerhalb einer Woche veröffentlichte er auf seinen Kommunikationskanälen mehrere Bekennerschreiben. Doch die russischen Behörden beharren weiterhin: Die Ukraine, nicht die jihadistische Terrorgruppe, habe die Fäden gezogen.

Auf mehr Gehör stießen die Bekenntnisse der Terroristen bei westlichen Sicherheitsbehörden und Terror-Experten, die den afghanischen IS-Ableger "Islamischer Staat Provinz Khorasan" (ISKP) hinter dem Anschlag mit mindestens 144 Toten und 382 Verletzten sehen. Kiew selbst bestreitet jedwede Beteiligung am schwersten Anschlag in Russland seit Jahren.

Was sagt das russische Untersuchungskomitee?

Das Narrativ einer ukrainischen Beteiligung verbreiteten russische Staatskanäle gleich nach dem Angriff sehr aktiv, ohne Belege vorzulegen. Das wurde jetzt nachgeholt.

Am Freitag teilte das russische Ermittlungskomitee mit, vier tadschikische Tatverdächtige hätten ausgesagt, über "Telegram" von einem Unbekannten Anweisungen erhalten zu haben. Der "Koordinator" habe sie nach dem Anschlag in Richtung der ukrainischen Grenze gelenkt und ihnen eine Belohnung in Aussicht gestellt, die sie in Kiew erhalten sollten.

Wieso bedroht der IS jetzt Putin?

Russische Medien, die aus dem Exil arbeiten, sehen Folter hinter den Geständnissen. Darauf verweisen auch Videos von mutmaßlich russischen Sicherheitskräften, die nach der Verhaftung der Tadschiken zu zirkulieren begannen. In einem ist zu sehen, wie ein nicht identifizierter Soldat einem Verdächtigen das Ohr abschneidet und ihn zwingt, es zu essen.

Russische Menschenrechtler zeigten sich entsetzt. Unter Folter erzwungene Geständnisse hätten kaum einen Wert, unterstrichen sie.

Auch der ISKP reagierte auf die mutmaßlichen Folterbilder und veröffentlichte eine Drohung an "alle brutalen Russen", einschließlich Präsident Putin: "Ihr werdet alle zusammen mit euren Frauen und Kindern massakriert werden."

Wieso macht Putin die Ukraine verantwortlich?

Beobachter sind sich einig: Kiew den Terroranschlag in Moskau zuzuschreiben, mache aus Putins Perspektive Sinn. So könne er den Volkszorn auf die Ukraine lenken, was bei der Mobilisierung neuer Kräfte für den Aggressionskrieg gegen das Land helfe.

Außerdem könne er mit diesem Vorwurf das Unvermögen der eigenen Sicherheitskräfte kaschieren. Denn Terror, das weiß der Kreml genau, ist nicht erst seit dem 22. März 2024 ein Problem im russischen Riesenreich.

Hat Russland ein Terrorproblem?

Nur zwei Wochen vor dem Anschlag vom 22. März berichteten russische Staatsmedien über eine Razzia gegen eine IS-Zelle in der südwestlich von Moskau gelegenen Stadt Kaluga. Die Männer hätten einen Anschlag auf eine Synagoge in Moskau vorbereitet. Zwei Mitglieder der Zelle seien bei der Operation am 7. März getötet worden, so der Inlandsgeheimdienst FSB.

Am 3. März meldete der FSB die Tötung von sechs IS-Kämpfern in der mehrheitlich muslimischen Republik Inguschetien. Die Liste der russischen Erfolgsmeldungen im Kampf gegen den Terror lässt sich beliebig fortführen – umso größer der Gesichtsverlust für Putin und seine Sicherheitsdienste.

Tatsächlich scheinen die Terroraktivitäten in Russland im Schatten des Ukraine-Krieges zugenommen zu haben. So rekrutiert der ISKP seit einigen Monaten verstärkt Migranten und Kämpfer aus ganz Zentralasien, darunter auch Tadschikistan. "Diese Gruppe macht einen relativ kleinen, aber zunehmend aktiven Teil der externen IS-Operationen aus", schreiben die Terrorforscher Lucas Webber, Peter Smith und Colin P. Clarke auf Eurasianet.

Was geschieht mit den Verdächtigen?

Für den IS und dem ihm angeschlossenen IS-KP steht Moskau für das Böse schlechthin (siehe Bildstrecke). Ihre Rekrutierungsbemühungen fallen in Russland wohl auch wegen der Unterdrückung von Migranten und ethnischen Minderheiten auf fruchtbaren Boden.

Der jüngste Terroranschlag wird die Oppression im Land noch einmal verstärken, das hat der Kreml deutlich gemacht. Die Verhafteten würden wahrscheinlich hingerichtet, sagte Dmitri Medwedew, der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates. "Aber es ist viel wichtiger, alle Beteiligten zu töten", sagte er. "Alle, die sie bezahlt haben, die mit ihnen sympathisiert haben, alle, die ihnen geholfen haben. Tötet sie alle."

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    Auf den Punkt gebracht

    • Der Kreml sieht hinter dem Anschlag vom 22
    • März Kiew als Drahtzieher
    • Das sollen neue Details aus den Geständnissen der Verdächtigen belegen
    • Russland hat schon lange ein Problem mit jihadistischem Terror
    • Rekrutierungen haben im Schatten des Ukraine-Krieges zugenommen
    • Der IS profitiert auch von der Unterdrückung von Migranten und Minderheiten in Russland
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