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Wie Incels im Netz den Hass auf Frauen schüren

Sie sind voll Hass und immer gewaltbereiter: So genannte Incels radikalisieren sich laut einer neuen Studie immer stärker im Internet.

Heute Redaktion
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38 Millionen Posts in Internetforen haben die Studienautoren aus Deutschland, der Schweiz und den USA für die Untersuchung "From Pick-Up Artists to Incels: A Data-Driven Sketch of the Manosphere" analysiert. Und das Ergebnis ist erschreckend: In der so genannten "Männersphäre" im Netz zeigt sich immer größerer Frauenhass, immer mehr Radikalisierung und auch verstärkt die Bereitschaft zu Gewalt.

Die "Männersphäre" umfasst verschiedene Bewegungen, die verschiedene Ziele verfolgen: Frauen abzuwerten, zu Objekten zu degradieren oder sie als Besitz zu sehen. Genannt werden sie "Pick Up Artists", "Men Going Their Own Way" oder "Incels". "Incel" steht für "involuntary celibates", "unfreiwillig enthaltsam". Damit werden Männer zusammengefasst, die unfreiwillig ohne Sex, aber im Glauben leben, dass ihnen dieser zustehen würde.

Hass auf sexuell aktive Frauen

Schuld an der Enthaltsamkeit seien Frauen, da diese sich nur für "Alpha-Männer" interessieren würden, zu denen die "Incels" nicht zählen. Die Gruppe zeigt laut Untersuchungen starkes Selbstmitleid sowie Verachtung, Geringschätzung und krankhaften Hass auf Frauen, besonders sexuell aktive. Sie sehen großteils Gewalt gegen Frauen als akzeptabel beziehungsweise billigen sie. Auch sexuell aktive Männer geraten ins Visier.

Zur Untersuchung der "Männersphäre" verwendeten die Forscher die Google Perspective API. Die Programmierschnittstelle verwendet maschinelles Lernen, um die wahrgenommenen Auswirkungen eines Kommentars auf eine Konversation zu bewerten. Die API erleichter es Lesern, relevante Informationen in Kommentaren leichter zu finden. Sie identifiziert aber auch, ob ein Kommentar für eine Diskussion als "toxisch" empfunden wird.

Aus verbaler wird physische Gewalt

Perspective wurde auf sieben einschlägige öffentliche Foren und Dutzende Unterforen auf der Plattform Reddit losgelassen, die Ergebnisse in die "Männersphäre"-Gruppen kategorisiert: 28 Millionen Posts von 1,5 Millionen Nutzern von Ende 2015 bis Mitte 2019. Ergebnis: Nicht nur ist der Hass in der "Männersphäre" größer als irgendwo anders im Netz, auch wächst sie immer stärker und zieht auch gemäßigtere Nutzer an.

Was die Studie und Recherchen verschiedener Medien nahelegen: Es bleibt nicht bei verbaler Gewalt. Der Amokläufer von Isla Vista 2014, der Attentäter von Toronto 2018, der Täter von Halle 2019 – sie alle nahmen mehr oder weniger direkt auf einen "Krieg gegen Frauen" wegen verweigertem Sex Bezug und nutzten teilweise Begriffe wie "Chad" und "Stacy", die in der Incel-Bewegung weit verbreitet sind.

"Chad" und "Stacy" als Ziel für Hass

"Chad" und "Stacy" beschreiben in Incel-Kreisen sexuell aktive "Alpha-Männer" und sexuell aktive und attraktive Frauen. Incels machen sie für ihre Situation verantwortlich. Die Forscher der Studie haben sich nun ein neues Ziel gesetzt: Zu untersuchen, wie man der Radikalisierung in den Hassgruppen entgegentreten kann – und wie Incels wieder entradikalisiert werden können.