Politik

Wie sich Sebastian Kurz in letzter Zeit veränderte

Heute Redaktion
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Die Falter-Journalistinnen Nina Horaczek und Barbara Tóth schrieben eine Biografie von Sebastian Kurz. Geredet hat der türkise Star nicht mit ihnen.

Heute: Wie lange haben Sie an dem Buch über Sebastian Kurz gearbeitet, was war Ihre Motivation?



Barbara Tóth: Ich schreibe seit 15 Jahren über die ÖVP und habe Kurz das erste Mal porträtiert, als er Integrationsstaatssekretär wurde. Ich beobachte und begleite ihn journalistisch also schon sehr lange. Am Tag, als er Neuwahlen ausrief, war mir klar: Wenn, dann muss man jetzt, gleich nach den Wahlen und noch vor Weihnachten ein Buch über ihn machen. Weil er jetzt nicht alle interessiert. Geschrieben haben wir dann ab dem Nationalfeiertag – da gab es zum Glück viele lange Wochenenden und Fenstertage.

Nina Horaczek: Als Politikjournalistin beobachtet man Politiker ständig, deshalb hatten wir schon sehr viel Vorwissen über Kurz. Besonders spannend fand ich aber, jetzt in diesem Buch seine Veränderung herauszuarbeiten, vom Everybody's Darling, der er als Integrationsstaatssekretär war, hin zum Law & Order-Politiker, der den Freiheitlichen die Themen abräumt.

Heute: Wie beschreiben Sie als Falter-Journalistinnen Ihr Verhältnis zu Kurz?

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Horaczek: So wie zu allen anderen Spitzenpolitikern im Land: Kritisch, aber korrekt.

Tóth: Das Verhältnis ist absolut korrekt, auch wenn Kurz im Falter für seine Politik immer wieder Kritik einstecken muss.

Heute: Warum hat Kurz nicht persönlich mit Ihnen gesprochen? Wie wurde die Absage begründet?

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Horaczek: Ich gab keine inhaltliche Begründung. Aber ich denke, es liegt wohl vor allem daran, dass wir faire, aber kritische Biographie geschrieben haben und kein Auftragswerk.

Tóth: Nachdem wir parallel zu den Koalitionsverhandlung geschrieben haben, wäre es zeitlich wohl auch etwas eng geworden.

Heute: Wie würden Sie Kurz einem Fremden vorstellen und beschreiben?

Tóth: Schlank, groß, fesch, höflich. Er weiß genau, was die Menschen in Österreich hören wollen.

Horaczek: Ein beeindruckendes politisches Talent, das aber Maximierung von Macht vor Inhalte stellt.

Heute: Wie funktioniert Ihrer Meinung nach die "Bewegung" von Sebastian Kurz?

Horaczek: Im Gegensatz zu Macron in Frankreich hat Kurz keine Bewegung gegründet, sondern den alten Tanker ÖVP neu angestrichen.

Tóth: Es ist keine Bewegung, sondern eine Gruppe hat die Macht in der ÖVP übernommen und das nach außen hin als Bewegung inszeniert.

Heute: Wer oder was kann Kurz Ihrer Meinung nach künftig gefährlich werden?



Tóth: Hybris und der Wagenburgeffekt. Kurz arbeitet mit einem engen Team an Vertrauten, die alle sehr ähnlich sozialisiert sind, in etwa gleich alt - und vorwiegend männlich. Die Gefahr der Abschottung ist da immer vorhanden.

Horaczek: Die hohen Erwartungen, die in ihn gesetzt werden.

Heute: Sie haben jetzt lange zur Person recherchiert, gibt's eigentlich schon Kurz-Witze?



Horaczek: Ich kenne noch keine. Aber als ich einer Bekannten aus Deutschland von dem Buch erzählt habe, meinte Sie "Und der Untertitel lautet ,Vom Abi ins Kanzleramt?'"

Tóth: Was ich zuletzt immer wieder gehört habe: "Sie schreiben eine Biografie über Sebastian Kurz?" "Das wird aber eine Kurz-Biografie." Wurde es dann doch nicht.

Nina Horaczek / Barbara Tóth

„Sebastian Kurz. Österreichs neues Wunderkind?"

Residenz Verlag

ISBN: 9783701734511

128 Seiten, € 18,00

Lesen Sie hier ab Dienstag einige Auszüge aus der Kurz-Biografie. (GP)