Österreich

So sollten sich Grapsch-Opfer laut Anwälten wehren

Heute Redaktion
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Anwälte erklären, wie man sich vor Grapsch-Angriffen verteidigen kann.
Anwälte erklären, wie man sich vor Grapsch-Angriffen verteidigen kann.
Bild: picturedesk.com

Die Po-Grapschattacke auf eine junge Schweizerin (21) in der Silvesternacht sorgt weiter für Gesprächsstoff. Zwei Anwälte erklären, wie sich Betroffene verhalten können.

Auch zwei Tage nach der Grapschattacke am Rathausplatz in Wien sorgt der Vorfall in Österreich noch immer für viel Gesprächsstoff.

Eine 21-jährige Genferin feierte in Wien gemeinsam mit ihren Freunden den Jahreswechsel, als sie von einem 20-jährigen Mann plötzlich am Po begrapscht wurde. Die Frau verpasste dem Angreifer aus Reflex und zur Verteidigung einen Schlag mitten ins Gesicht.

Der Verdächtige erlitt dadurch einen Nasenbeinbruch. Er wurde wegen sexueller Belästigung angezeigt, die Frau allerdings auch: wegen "schwerer Körperverletzung". Dem Opfer könnte nun deshalb ein Strafverfahren drohen, "Heute.at" berichtete.

+++ Diese Konsequenzen könnten Grapsch-Opfer drohen +++

Diese Opfer-Täter-Umkehr sorgt bei vielen Lesern für Unverständnis und wirft viele Fragen auf. Allen voran: Wie sollen sich Betroffene vor Übergriffen wehren, ohne selbst angeklagt zu werden?

Wir haben bei Star-Strafverteidiger Rudolf Mayer und seinem Kollegen Alfred Boran zum heiklen Thema nachgefragt.

Kommt immer drauf an

Aus rechtlicher Sicht wäre es demnach besser gewesen, wenn die Frau laut um Hilfe gerufen hätte, anstatt selbst zuzuschlagen. Mayer legt generell allen ans Herz, über den Besuch von Selbstverteidigungskursen nachzudenken. "Dort lernt man, wie man sich gerade in Stress-Situation mit 'einfachen' Mitteln wie Würgen wehren kann. Oftmals ist das effektiv", so der Jurist.

Zeitpunkt ist meist entscheidend

"Um das eigene Leben zu retten, ist grundsätzlich jedes Mittel recht. In diesem konkreten Fall hat die Frau auch alles richtig gemacht. Es war Notwehr aus einem unbewussten Reflex heraus", so Mayer. Eine "allgemeingültige" Verhaltensweise in solch einer bedrohlichen Situation gibt es natürlich nicht, Mayer führt aber aus: "Es muss immer eine 'adäquate' Reaktion sein. Unter Umständen kann das auch eine Waffe im Notfall sein. Das zieht aber sicher ein Verfahren nach sich."

"Prinzipiell gilt immer: Zwischen Angriff und Verteidigung darf kaum Zeit vergehen. Nur dann gilt die Tat als Spontanverteidigung", pflichtet dem auch Boran bei.

Die klassische "Watschn" oder Ohrfeige gilt laut Anwalt Boran als keine nachhaltige Körperverletzung, sondern als angebrachte Sofortreaktion. Opfer haben in diesem Fall – und sofern sie sofort nach dem Angriff zur Verteidigung reagieren – keine rechtliche Verfolgung zu befürchten.

Auch ein Stoß bzw. das Wegschubsen eines Angreifers gilt als "nachvollziehbare und zulässige Reaktion". (Achtung: Sollte in Folge des Stoßes ein Sturz verursacht werden, sieht die rechtliche Lage wieder anders aus.)

Laut um Hilfe rufen und so Alarm zu schlagen gilt als Klassiker, der gerne in Vergessenheit raten würde. Der laute Hilferuf wird von den Juristen empfohlen. Oft werden Angreifer so schon verschreckt.

Das Zücken von Pfefferspray, sollten Opfer ein solches bei sich tragen, ist schon etwas problematischer. Im Idealfall sollten Betroffene die Dose dem Angreifer nur zeigen bzw. sie nur als Abschreckmanöver einsetzen. Sprühen darf man nämlich nur, wenn "man nachhaltig sexuell bedroht wird", wie Boran erklärt.

Der Grund: Pfefferspray gilt als Waffe. Eine Verletzung durch das Mittel gilt als schwere Körperverletzung.

Als weitere adäquate Verteidigungsmethode gilt das Zücken des Handys, um ein Foto zu machen. Aber: "Das kann, aber muss nicht erfolgreich enden", geben die Experten zu Bedenken.

Ein Tritt in die Hoden kann eine schwere Körperverletzung zur Folge haben und darf laut den Rechtsexperten deshalb ebenfalls nur dann erfolgen, "wenn man sich fortgesetzt gefährdet fühlt." (red)

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