Wien

Wiener Richter: "Habe Schuldige freigesprochen"

Norbert Gerstberger geht nach 37 Jahren als Richter in Pension. Er leitete viele aufsehenerregende Prozesse. Im Februar verurteilte er noch Hadishat-Killer Robert K. (17) zu 12 Jahren Haft. Manchmal stieß er wegen des Rechtsstaats aber an Grenzen.

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Norbert Gerstberger, war 37 Jahre lang Richter am Straflandesgericht Wien.
Norbert Gerstberger, war 37 Jahre lang Richter am Straflandesgericht Wien.
Denise Auer; picturedesk.com

Sein letzter großer Fall war der Mordprozess gegen Hadishats Killer. Norbert Gerstberger leitete das Geschworenenverfahren gegen jenen Burschen, der im Wiener Ditteshof ein siebenjähriges Mädchen auf bestialische Weise ermordet hat, gewohnt souverän. Am Ende der Prozess-Neuauflage kamen die Laienrichter zum Schluss, dass Robert K. bei der Tat im Mai 2018 zurechnungsfähig war. Gerstberger verkündete das Strafmaß: 12 Jahre Gefängnis und Anstaltseinweisung. Erschwerend bewertete er bei Robert K. "die Heimtücke der Tat, die Hilf- und Wehrlosigkeit des Opfers und sein eiskaltes Nachtatverhalten".

"Sicher Schuldige freigesprochen"

Nun geht der anerkannte Jurist, der häufig sogar Lob von Angeklagten bekam, in Pension. In der "Kronen Zeitung" sagt er zum Abschied: "Ich hoffe, dass ich nie einen Unschuldigen verurteilt habe. Sicher habe ich Schuldige freigesprochen, wenn die Beweislage nicht ausreichte. Aber da zählt der Prozessgrundsatz der Unschuldsvermutung."

Lange gehadert hat er mit einer Entscheidung, im ersten Islamisten-Prozess 2008. Damals schloss Gerstberger die Freundin des randalierenden Angeklagten aus - weil sie den Gesichtsschleier, die Niqab, nicht abzulegen bereit war. Der Richter suchte europaweit nach einem Präzedenzfall, fand aber keinen. Sein Sager vom "Fetzen im Gesicht" sorgte für Aufsehen, der Oberste Gerichtshof bestätigte aber die Ausschließung der Frau vom Verfahren wegen ungebührlichen Verhaltens.

Norbert Gerstberger: "Ich wollte etwas bewirken."

Wie es das Schicksal so will, musste Gerstberger selbst nun - auf den letzten Metern seines Berufslebens - sein Gesicht bedecken. Ein Mund-Nasenschutz wurde aufgrund geltender Covid-19-Verordnungen unumgänglich. Was ihn im Job antrieb? "Ich wollte etwas bewirken, wollte die Biografie junger Menschen, die sich an einer Wegkreuzung befinden, in eine positive Richtung drehen", so Rat Gerstberger in der "Krone".