Wien

Wienerin (53) hilft Ex-Häftlingen beim "Neustart"

Ein Ehrenamt der besonderen Art: Margit Jelenko unterstützt in ihrer Freizeit ehemalige Häftlinge beim Start in ein neues Leben. 

Yvonne Mresch
Margit Jelenko arbeitet ehrenamtlich als Bewährungshelferin – eine Tätigkeit, bei der man schon mal an seine Grenzen kommen kann.
Margit Jelenko arbeitet ehrenamtlich als Bewährungshelferin – eine Tätigkeit, bei der man schon mal an seine Grenzen kommen kann.
Sabine Hertel

Sie helfen alten Menschen, unterstützen im Sportverein, geben Essen an sozial Benachteiligte aus oder unterstützen Menschen, die neu in Österreich angekommen sind: Ehrenamtliche Helfer sind aus Wien nicht mehr wegzudenken. In Österreich arbeitet fast jede zweite Person unentgeltlich. Dass es auch abseits der klassischen Tätigkeiten Möglichkeiten gibt, sich zu engagieren, wissen jedoch nur die Wenigsten. So zum Beispiel in der Bewährungshilfe. Eine Aufgabe, die an die Grenzen bringt, aber auch erfüllend ist. Im Verein "Neustart" engagieren sich neben den rund 650 Angestellten etwa 1.000 Ehrenamtliche, 222 davon in Wien. Sie unterstützen Straftäter dabei, wieder ein straffreies Leben zu führen. Rund ein Drittel der Klienten wird so ehrenamtlich betreut.

Wieder Fuß in der Gesellschaft fassen

Margit Jelenko ist bereits seit 23 Jahren beim Verein tätig. Als ausgebildete Sozialarbeiterin liegt der Wienerin diese Tätigkeit quasi im Blut. Bei "Neustart" hilft sie Ex-Häftlingen auf Bewährung, wieder Fuß im Leben und in der Gesellschaft zu fassen. Bis zu fünf Personen gleichzeitig können Ehrenamtliche bei "Neustart" betreuen. Betreuen, das heißt sich mit ihnen regelmäßig zu treffen, über ihre Sorgen, Ängste, Probleme zu sprechen und sie individuell bei ihrem "Neustart" zu unterstützen. Das kann die Hilfe bei drohendem Wohnungsverlust sein, oder die Unterstützung bei Interaktionen mit dem AMS.

"Man lernt den Klienten zeitnah nach der Hauptverhandlung kennen", erzählt Jelenko. "Dann ist die Frage: Warum ist es zum Delikt gekommen und was verhindert einen Rückfall? Gibt es Therapiemöglichkeiten?" Genau das sei bei jedem Klienten anders. Hat jemand ein Suchtproblem, vermittelt Jelenko professionelle therapeutische Unterstützung. Geht es um Armut, müsse man versuchen, Möglichkeiten zur finanziellen Absicherungen zu finden. Kurz gesagt: es gehe darum, den Grund herauszufinden und dementsprechend einen Plan zu entwickeln. Denn: "Fast alle wollen einen Rückfall vermeiden. Niemand will in Haft, sondern seine Ziele verfolgen. Dabei begleiten wir und bieten gleichzeitig einen Schutz für die Gesellschaft."

Was es für ein Ehrenamt bei "Neustart" braucht

Wer sich ehrenamtlich in der Bewährungshilfe engagieren möchte, braucht keine Ausbildung, dafür eine ausreichende psychische Stabilität und ein Alter von mindestens 24 Jahren. "Wenn man sich selbst gerade in einer Krise befindet, macht das keinen Sinn", so Jelenko. "Es braucht auch eine gewisse Verlässlichkeit und Durchhaltevermögen, damit man eben nicht nach einem halben Jahr wieder aufhört. Es ist doch eine große Verantwortung und ich muss mich fragen: Habe ich die Ressourcen und passt das in meine Lebenssituation? So ehrlich muss ich zu mir selbst sein."

Etwa zwei Mal in der Woche steht Jelenko mit ihren Klienten in Kontakt. Hinzu kommen die regelmäßigen Telefonate. "Wenn mich jemand braucht, bin ich da", sagt sie und stellt aber auch klar, dass es Grenzen gibt. "Ich bin nicht die Freundin, ich bin die Bewährungshelferin. Das darf man nie vergessen." Wer sich für das Ehrenamt bei "Neustart" entscheidet, erhält aber auch Unterstützung vom Verein. Einmal im Monat gibt es eine gemeinsame Reflexion und Fallbesprechung, gegenseitige Unterstützung ist selbstverständlich. Zu Beginn gibt es ein Seminar, im Zuge dessen die Freiwilligen den Verein kennenlernen und der Verein umgekehrt prüfen kann, ob die Person zu "Neustart" passt.

Ein "Danke", das von Herzen kommt

Trotz ihres Erfahrungsschatzes, oder gerade deshalb, weiß Jelenko, dass die Tätigkeit als Bewährungshelferin nicht immer einfach ist. Vor allem wenn Klienten rückfällig werden, ist das für manche schwer zu verkraften. Das dürfe man sich dann nicht zu sehr zu Herzen nehmen. "Ich übernehme dafür nicht die Verantwortung. Vor allem bei Suchtkranken kann das schon passieren", sagt sie. Wöchentliche erlebe sie Situationen, die ihr schwer fallen. Und auch immer wieder Neues, das so noch nie da war. Etwa, als ein Klient mit einer psychiatrischen Diagnose plötzlich begann sich für mehrere Wohnungen gleichzeitig anzumelden. "Er hat sie alle bekommen und ich musste das dann wieder rückgängig machen." Angst habe sie hingegen kaum, sagt die Bewährungshelferin. "Nur manchmal, wenn jemand Kampfhunde hat", lacht sie. "Weil ich ja gerne Hausbesuche mache."

Aber es gibt auch viele schöne Momente, die Jelenko während ihrer Tätigkeit erlebt. Vor allem dann, wenn Klienten sich ihren Familien wieder annähern. "Wenn plötzlich der Kontakt zu einem Familienmitglied nach langer Zeit wieder hergestellt wird, wenn ein Brief geschrieben wird oder auch wenn ich jemanden nach langer Zeit wieder treffe, der einen Job gefunden hat. Das sind wirklich schöne Augenblicke", so Jelenko. "Man merkt dann, sie sind wieder in der Gesellschaft angekommen." Und nicht selten hört die Wienerin dann ein "Danke", das von Herzen kommt. "Die Arbeit, die man tut, wird geschätzt. Und davon nimmt man ganz viel mit, das ist natürlich berührend." Diese Momente sind mit ein Grund, warum ein Ende der Tätigkeit für die vielbeschäftigte Frau noch lange nicht in Sicht ist. "Ich kann es mir gar nicht vorstellen, aufzuhören. Das begleitet mich mein ganzes Leben und vielleicht mache ich auch in der Pension weiter."

Mehr Infos zum Verein finden Sie hier.

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