Österreich

Wienerin: "Ich musste mit 16 auf Schoß von Chef sitzen"

Immer, wenn der Küchenchef den Menüplan erstellte, musste sich die damals 16-jährige Doris auf seinen Schoß setzen.

Christine Ziechert
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Doris (23) berichtet aus ihrer Zeit als Kochlehrling.
Doris (23) berichtet aus ihrer Zeit als Kochlehrling.
iStock (Symbolbild)/vida

Wenn Doris Z. (Name von der Redaktion geändert) von ihrer Lehre als Köchin erzählt, kommen äußerst unangenehme Erinnerungen hoch: Wenn der Küchenchef einmal in der Woche den Menüplan erstellte, setzte er sich hin, klopfte sich dabei zweimal auf den Oberschenkel und forderte die damals 16-Jährige auf, dort Platz zu nehmen.

"Ich habe das damals natürlich schon komisch gefunden, aber als 16-Jährige denkst du dir nicht viel dabei", erklärt die Wienerin. Auch, dass sie trotz Grippe arbeitete und Überstunden nicht ausbezahlt wurden, akzeptierte sie. Trotzdem erzählte Doris Z. niemandem davon: "Du hast Angst, dass du ansonsten deinen Lehrplatz verlierst. Der Druck in der Gastronomie ist irrsinnig hoch."

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    Instagram, privat
    "Dass es in der Gastro einen schärferen Ton gibt, ist nicht neu, aber mit Lebensmitteln oder Geschirr herumzuschmeißen, muss wirklich nicht sein" - Doris Z.

    Nach einem Lehrjahr wurde es Doris Z. aber dann zu viel, sie wechselte die Lehrstelle. Wirklich besser wurde es dort aber auch nicht: "Dass es in der Gastro einen schärferen Ton gibt, ist nicht neu, aber mit Lebensmitteln oder Geschirr herumzuschmeißen, muss wirklich nicht sein", meinte die heute 23-Jährige.

    Die Wienerin absolvierte ihre Lehrabschluss-Prüfung als Kellnerin und Köchin (Doppellehre) und würde die erlernten Berufe auch gerne ausüben: Doch mit März 2020 wurde sie corona-bedingt arbeitslos und ist es bis heute. "Es ist nahezu unmöglich gewesen, in den vergangenen 15 Monaten einen Job zu finden. Und wenn, dann nur zu Bedingungen, die gar nicht gehen. Die Betriebe bieten Löhne, die jenseits von Gut und Böse sind. Ein Vollzeit-Job muss reichen, um davon leben zu können. Und das geht sich bei vielen Job-Angeboten nicht aus", so Doris Z. Abgesehen davon sei es vor allem die Bezahlung in Kombination mit der Verantwortung (beispielsweise Küchenchef), die inakzeptabel ist.

    Seit fast zwei Jahren ist Doris auf Arbeitssuche

    Seit fast zwei Jahren ist Doris Z. auf Arbeitssuche, gilt als langzeitarbeitslos: "Man fühlt sich nutzlos. Und das Schlimme ist, ich will arbeiten, aber die Jobs sind rar", meint die 23-Jährige, die derzeit auf dem zweiten Bildungsweg die Matura nachholt.  Dieses Gefühl der Nutzlosigkeit schlage sich auf die Psyche. Dementsprechend hofft sie, dass sie demnächst doch noch fündig wird. "Ich würde gerne in der Branche bleiben, aber ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob ich Arbeitnehmer sein möchte." 

    vida-Bundesjugendsekretär Sumit Kumar
    vida-Bundesjugendsekretär Sumit Kumar
    zVg

    Für Sumit Kumar, Bundesjugendsekretär der Gewerkschaft vida, ist der Fall klar: "Es müssen die Arbeitsbedingungen in der Branche deutlich verbessert werden. Doris ist nämlich kein Einzelfall." Auch wenn es nur einzelne schwarze Schafe gibt, sorgen diese doch am Ende für das schlechte Image in der Branche, so Kumar, der Doris Z. arbeitsrechtliche Unterstützung zugesichert hat: "Gerade jetzt ist es wichtig, jungen Menschen eine Perspektive zu geben und ihnen das Gefühl zu geben, nicht allein zu sein. Für die Rahmenbedingungen und eine gute Ausbildung müssen allerdings die Branche und die Bundesregierung sorgen."

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