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Wikipedia-Gründer wettert gegen eigene Website

Heute Redaktion
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Vor 19 Jahren hat Larry Sanger eine der erfolgreichsten Webseiten der Welt gegründet: Wikipedia. Heute kritisiert der US-Amerikaner die Website scharf. Sie sei eine "arrogante, kontrollierende Oligarchie".

Am 15. Januar 2001 gründete Larry Sanger nach seinem Philosophiestudium gemeinsam mit Jimmy Wales die Online-Enzyklopädie Wikipedia. Sie zählt heute zu den erfolgreichsten Websiten der Welt.

Von Google, Facebook und Twitter ausgenutzt

2004 stieg Sanger nach einigen Differenzen mit Wales aus dem Projekt aus und kritisiert die Plattform scharf. Wikipedia sei elitär und in wenigen Händen zentralisiert. Der US-Amerikaner setzt sich für digitale Rechte ein und wirkte bei zahlreichen alternativen Online-Enzyklopädien mit.

Kürzlich war der promovierte Philosoph beim Worldwebforum in Zürich zu Gast. In seinem Vortrag attackierte er vor allem die Big-Tech-Firmen wie Facebook, Google und Twitter. "Wir haben die Nase voll. Wir wollen nicht mehr von den großen Tech-Firmen ausgenutzt werden", betonte der 51-Jährige und mahnte: "Nutzen Sie kein Google!"

In einem Interview mit der Schweizer Zeitung "Blick" nahm er zu seiner gegründeten Website Stellung. "Ich wollte eine Enzyklopädie, auf der jeder und jede Artikel mitverfassen kann, neutral und für die Öffentlichkeit. Diese Absicht hat Wikipedia heute verloren", sagt Sanger.

Vor allem kritisiert er die Einseitigkeit: "Oft wird nur eine Sichtweise dargestellt – meist die des Establishments. Alternative Sichtweisen sind oft systematisch ausgeschlossen. Es ist schwierig, Artikel zu ändern, wenn sie dem zuwiderlaufen."

Dieser Umstand kann auch gefährlich werden. "Dank dieser Seite ist es so einfach wie nie zuvor, Dinge nachzuschauen. Aber es gibt ein Problem: Fakten stehen einfach so da – ohne Kontext. Die Menschen lesen Artikel, fragen sich aber nicht, ob sie stimmen, und lassen sich so beeinflussen. Die Autorität über das Wissen liegt unter anderem bei Wikipedia, in den Händen weniger. Das ist besorgniserregend", erklärt der Web-Pionier gegenüber dem "Blick".

"Wir bewegen uns zu leichtsinnig im Netz"

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Unterrepräsentation von Frauen. Unter den Autoren gehe es oft aggressiv zu. Er fühle sich sogar schuldig, Wikipedia gegründet zu haben, wie er in dem Interview betont.

Auch die Wandlung des Internets macht Sanders Sorgen: "Früher war es dezentral und weniger mächtig. Heute kontrollieren es eine Handvoll milliardenschwerer Firmen. Das dürfte nicht sein."

Er rät Usern zu mehr Wachsamkeit: "Wir bewegen uns zu leichtsinnig im Netz. Wir haben mit den Big-Tech-Firmen einen Vertrag geschlossen: Wir nehmen die Services in Anspruch, erlauben den Firmen aber, unsere Daten zu besitzen."