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Wirbel um Ausweiskontrollen im Wartezimmer

Heute Redaktion
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Geht es nach einem Gesetzesentwurf, müssen Patienten künftig per Ausweis im Wartezimmer ihre Identiät nachweisen. Persönlich nicht bekannten Patienten ohne Ausweis müssten dann ärztliche Leistungen auf E-Card verwehrt werden. Die Ärztekammer tobt.

Geht es nach einem Gesetzesentwurf, müssen Patienten künftig per Ausweis im Wartezimmer ihre Identiät nachweisen. Persönlich nicht bekannten Patienten ohne Ausweis müssten dann ärztliche Leistungen auf verwehrt werden. Die Ärztekammer tobt.

Geplant ist der Einsatz von sogenannten "Mystery Shoppern", die in den Arzt-Praxen Patienten kontrollieren sollen.

"Werden diese Patienten dann einfach weggeschickt? Müssen sie den Arztbesuch privat zahlen? Werden sie im Zweifelsfall an andere Stellen weitergeschickt?", fragt Johannes Steinhart, Obmann der Bundeskurie Niedergelassene Ärzte und Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) . "Das wirft medizinische, ethische und haftungsrechtliche Fragen auf. Es bedarf hier eindeutiger Regelungen, die bewährte Prinzipien einer sozialen Medizin nicht aushebeln."

Ärzte seien dazu da, Patienten zu behandeln, nicht um Ausweise zu kontrollieren, sagt Steinhart: "Die Ärztekammer fordert, die bereits bestehenden Regelungen zur Identitäts-Feststellung von Patienten jedenfalls nicht zu verschärfen."

Fragwürdiges Aufwand-Nutzen-Verhältnis

Der Gesetzesentwurf sieht weiters vor, dass Sozialversicherungen verpflichtet werden, eigene Abteilungen zur Betrugsbekämpfung zu installieren. Das bringe hohe Kosten mit sich, so Steinhart: "Erfahrungen zeigen allerdings, dass hier mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird."

Die Sozialversicherung habe zwischen 2008 und 2013 - bei rund 8 Millionen aktiven E-Cards - nach eigenen Angaben 421 Fälle mit Verdacht auf E-Card-Missbrauch durch Versicherte untersucht. Dabei sei es in nur sieben Fällen zu Verurteilungen gekommen. Der entstandene Schaden betrug insgesamt 101.000 Euro. Steinhart: "Ein sinnvolles Aufwand-Nutzen-Verhältnis sieht anders aus." Bei der Wiener Gebietskrankenkasse begrüßt man hingegen die geplante Ausdehnung der Kontrollen auf ganz Österreich.

Auch die Gesundheitsministerin räumte am 21. Mai in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage ein, dass "die Zahl der Missbrauchsfälle hinsichtlich der ungerechtfertigten Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe im Verhältnis zur Gesamtzahl der Ordinationen tatsächlich als sehr gering (…) bezeichnet werden kann. Die Missbrauchsfälle stellen keine erhebliche Belastung der Krankenversicherungsträger dar und haben für die Finanzlage der Versicherungsträger keine reale Bedeutung."

Steinhart: "Wofür also brauchen wir das neue Gesetz mit all seinen Zumutungen für Ärzte und Patienten?"

E-Cards mit Foto als Alternative

Sozialbetrug sei zweifelsfrei und eindeutig abzulehnen, stellt Steinhart klar, doch dürfen Ärzte nicht auch noch für erschlichene Krankschreibungen verantwortlich gemacht werden. "Zur Verhinderung von Sozialbetrug brauchen wir E-Cards mit einem Foto der versicherten Person - die es leider trotz vielfacher Forderungen der Ärztekammer seit 10 Jahren nicht gibt", so der Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte. "Um unrechtmäßige Krankenstände aufzudecken und zu ahnden, bedarf es einer sinnvollen Kooperation von Arbeitgebern und Sozialversicherungen."