Politik
Wird Rauchverbot jetzt doch wieder aufgeweicht?
Der Zickzack-Kurs in Sachen Rauchverbot scheint noch nicht zu Ende zu sein. Die Wirtschaftskammer scheint ÖVP-Chef Kurz zu widersprechen.
Das Gastro-Rauchverbot in Österreich. Eine unendliche Geschichte, möchte man meinen. 2015 beschlossen, 2018 vor Inkrafttreten auf Bestreben der FPÖ doch abgeschafft, 2019 durch alle anderen Parteien wieder beschlossen. Nun soll es am 1. November in Kraft treten, zum besonderen Leidwesen von Shisha-Bars und der Nachtgastronomie. Vertreter der letzteren Gruppe haben beim Verfassungsgerichtshof gegen die Regelung geklagt, die Richter befassen sich frühestens im Dezember damit.
FPÖ-Chef Norbert Hofer hat das Thema auch wieder in den Wahlkampf eingebracht. Regierungsverantwortung erlangt. Sein Kompromiss sieht vor, dass ab 20 oder 21 Uhr in Lokalen geraucht werden darf, wenn keine Kinder mehr anwesend sind. Und: Nur in vorher als Raucherbereich definierten Räumen.
Wirtschaftskammer widerspricht Kurz
Volkspartei-Chef Sebastian Kurz hatte zuvor angekündigt, das Thema auch nach der Wahl nicht mehr angreifen zu wollen. Daran gibt es nun Zweifel, denn Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer und Generalsekretär Karlheinz Kopf, gleichzeitig als ÖVP-Abgeordneter im Nationalrat, sprechen sich nun für Ausnahmen aus.
Wie Kopf bezüglich möglicher Konflikte mit Anrainern gegenüber "vol.at" sagte, müsse man nachschärfen, um eine Lösung zu finden. Er wolle verschiedene Lösungsansätze mit dem Fachverband und den Gastronomen entwickeln und könne sich vorstellen, dass Nachtgastronomen weiterhin Raucherräume betreiben dürfen.
Laut Mahrer gebe es in anderen Ländern einen wesentlich geringeren Schutz für Anrainer. "Hier sind Arbeitsplätze und Geschäftsmodelle bedroht. Das will dann auch wieder niemand", so der WKO-Präsident.
Nachtgastronomen erfreut
Der Sprecher der Interessengemeinschaft Nachtgastronomie, Stefan Ratzenberger, sieht in den Aussagen von Mahrer und Kopf "einen wichtigen und dringend notwendigen Vorstoß im Verständnis rund um die prekäre Situation der österreichischen Nachtgastronomie und ein Bekenntnis der Wirtschaftskammer Österreich zu den Mitgliedsbetrieben."
Er fordert einen "langfristigen, regierungsunabhängigen und überparteilichen Plan zur Raucher-Prävention hin zu einer nahezu rauchfreien Gesellschaft in Österreich. Dies liegt in der Verantwortung der politischen Vertreter aller Parteien und darf nicht auf Gastronomen und Anrainer abgewälzt werden."
Neos entsetzt
Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker reagierte per Aussendung: "Die Wirtschaftskammer hat jetzt das Gesetz bekommen, das sie 2015 selbst mitverhandelt hat. Dieses durchschaubare Anbiedern der ÖVP-Leute aus der Kammer an die blaue Wählerschaft ist billig und durchschaubar."
Loacker sehe zwar ein, dass die Gastronomen bei übermäßiger Lärmbelästigung vor den Lokalen in Haftungsfragen nicht im Regen stehen gelassen werden dürften: "Jedoch sehe ich hier keinen Grund, wieder und wieder an dem beschlossenen Nichtrauchergesetz herumzudoktern, schon gar nicht als Wahlkampf-Gag. Dieses leidige Hin und Her muss ein Ende haben, denn die Menschen in Österreich haben es wirklich satt."
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