Tiere

Wölfe als Vorbilder für Macho-Männer

Heute Redaktion
Teilen

Wer ist der Chef im Rudel? Mongolen, Germanen, Steppenkrieger oder Hitler – der Wolf als Vorbild für den "harten" Mann. Wolfsblog von Kurt Kotrschal.

(Wöchentliche Kolumne von Kurt Kotrschal– Wolfsexperte, Verhaltensforscher und Biologe.)

Wölfe sind innerhalb der Rudel gar nicht aggressiv, das wurde ihnen von den Menschen angedichtet.

Wölfe sind offenbar für raue Männer besonders attraktiv. Waren sie immer schon, die Krieger der Mongolen, Germanen und alten Römer bewunderten sie. Und die Idee, sich in Werwölfe zu verwandeln, stammt wahrscheinlich von den Yamnaya, jenen Steppenkriegern vom Kaspischen Meer, die bereits vor etwa 5.000 Jahren auf schnellen Pferden erstmals den Tod per Streitaxt und Pest nach Europa brachten. Auch Adolf Hitler war ein Wolfsfan.

Folge "HeuteTierisch" auf
Facebook
Instagram

Warum all das Getue um Wölfe?

Hauptgrund mag gewesen sein, dass man Wolfsrudel für hierarchisch straff organisierte, taktisch gut aufgestellte Kriegerbanden hielt. Daran ist einiges richtig, nur nicht die Sache mit der Hierarchie. Ein Wolfsrudel ist in der Regel eine Familiengruppe, die ziemlich auf Augenhöhe zusammenlebt. Das Elternpaar steht lebenslang auch sexuell treu zusammen, aber sie sind weder „Leitwolf", noch „Leitwölfin", die ihre Gruppe mit harter Hand führen und unterdrücken.

Wölfe in Gefangenschaft sorgen (bis heute) für Missverständnis

Die Wölfen führen in Gefangenschaft in ihren meist zu kleinen Gehegen ein langweiliges Leben und der Zaun hindert sie daran, sich aus dem Weg zu gehen. Darum bilden sich oft steile, gewalttätige Hierarchien aus: Die „Alphas" unterdrücken in Gefangenschaft meist die anderen und die Wölfe am unteren Ende dieser unnatürlichen Rangordnung werden gemobbt, verletzt, getötet.

Selbst Menschen reagieren ähnlich, wenn man sie lange auf engem Raum zusammensperrt.

Unter diesem Missverständnis litten und leiden auch die Hunde

Weil man dachte, dass Wölfe in einer aggressiven Führerkultur leben, und weil Hunde bekanntlich von Wölfen abstammen, versuchte man lange, den jungen Hunden durch Dominieren, Schnauzenbiss und Nackenschütteln zu zeigen, wer der Chef im Rudel ist. Das ist natürlich Unsinn, denn erstens sind Wölfe gar nicht so wie die Leute glaubten und zweitens sind Hunde keine Wölfe mehr.

Der aggressive Umgang mit Hunden bewirkt bloß, dass sie sich vor ihren Menschenpartnern fürchten.

Gut, dass es kaum noch „Abrichteplätze" gibt, wo noch gewaltsam untergeordnet und „erzogen" wird.

Das liebevolle Familienleben der Wölfe

Freilebende Wölfe müssen selber entscheiden, wo und wann sie jagen, wo sie ihre Jungen bekommen, wie sie Menschen vermeiden, Bären vergrämen und wie sie mit ihren Nachbarn auskommen. Die Elternwölfe haben am meisten überlebenswichtige Erfahrung, sie werden daher von den Jungwölfen respektvoll anerkannt. Die bleiben ein paar Jahre zu Hause, bilden das Rudel, helfen, die Geschwister großzuziehen und lernen so, wie man als Wolf klug und umsichtig lebt. Man spielt miteinander und beschließt zusammen wann und wo man jagen, ruhen oder wandern will. Natürlich haben die Elterntiere dabei den größten Einfluss. Aber selbst Wolfsforscher, die ihre Rudel lange über Jahre beobachteten, sahen nie aggressives Zurechtweisen.

Spannungen werden vielmehr durch „Schmäh", also durch spielen und ein wenig Distanz gelöst.

Wölfe sind innerhalb der Rudel gar nicht aggressiv, das wurde ihnen von den Menschen angedichtet. Sie kooperieren in sehr kluger Weise und helfen einander, wenn sie verletzt sind oder in Not geraten.

+++ Der Wolfsblog von Kurt Kotrschal. Jede Woche neu, nur hier bei "HeuteTierisch" +++