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Familienbeihilfe geht fast unkontrolliert ins Ausland

Heute Redaktion
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291 Millionen Euro flossen 2016 an im Ausland gemeldete Kinder.
291 Millionen Euro flossen 2016 an im Ausland gemeldete Kinder.
Bild: picturedesk.com

Rechnungshofbericht enthüllt: Wer einmal Familienbeihilfe kassiert, erhält sie bis zur Volljährigkeit des Kindes. Niemand kontrolliert die Ansprüche.

2016 wurden laut dem jüngsten Bericht des Rechnungshofes rund 4,77 Milliarden Euro an Familienbeihilfe plus Kinderabsetzbetrag für zwei Millionen Kinder ausbezahlt. Das entspricht einem Anteil von sechs Prozent der Gesamtausgaben des Bundes.

Davon flossen etwa 291 Millionen Euro an insgesamt 130.000 im Ausland gemeldete Kinder. Rückblickend auf das Jahr 2002, hat sich die Zahl der im Ausland lebenden anspruchsberechtigten Kindern von rund 1.500 nahezu verhundertfacht. Dieser massive Anstieg ist laut Rechnungshof auf die EU-Erweiterung und der Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes zurückzuführen.

90 Prozent der im Ausland anspruchsberechtigten Kinder stammen aus den neuen EU-Beitrittländern Ungarn, Slowakei, Polen, Rumänien, Slowenien und Tschechien. Durch die geplante Indexierung der Familienbeihilfe könnte hier zwar eingespart werden, doch wären laut Rechnungshof andere Maßnahmen wichtiger.

Denn derzeit sei die Kontrolle durch den Bund mangelhaft. In der Regel werde bis zum 18. Geburtstag des Kindes nicht überprüft, ob weiterhin Ansprüche entstehen. Das bedeutet, wer einmal Familienbeihilfe erhält, kann sie oft ungeschaut bis zur Volljährigkeit des Kindes beziehen. Weder das Familien- noch das Finanzministerium habe sich bisher damit beschäftigt, wie man dies zeitnah identifizieren könne.

Empfehlungen des Rechnungshof

Der Rechnungshof legt in seinem Bericht sowohl dem Bundeskanzleramt und dem Finanzministerium nahe, sich für eine Vereinfachung dieses Systems einzusetzen. Die angedachte Indexierung würde es hingegen noch komplexer machen. Außerdem verweist der Rechnungshof darauf, dass in der rechtswissenschaftlichen Diskussion Bedenken in Bezug auf die EU-rechtliche Zulässigkeit bestehen.

Weiters empfiehlt der Rechnungshof die Einführung eines zeitgemäßen IT-Systems, das einen automatisierten Abgleich mit relevanten Datenbanken zur Überprüfung der Anspruchsvoraussetzung ermöglicht.

Kritik an Regierung

"Finanz- und Familienministerium haben keine Ahnung, wie viele Kinder im Ausland leben und Anspruch auf Familienbeihilfe haben, es gibt kaum Kontrollen dazu. In anderen Worten: Die Ministerien arbeiten schlampig. Anstatt mit populistischen, EU-rechtswidrigen Gesetzen wie der Indexierung der Familienbeihilfe auszurücken, sollte die Regierung einfach anfangen ihren Job zu machen", kritisiert NEOS-Familiensprecher Michael Bernhard.

Der Rechnungshofbericht zeige massive Kontrolllücken, kritsiert auch die Liste Pilz in Hinsicht auf die Indexierung. Fälle, in denen die Indexierung schlagend werden kann, würden lediglich rund sechs Prozent der Anspruchsberechtigten ausmachen. "Dem ungeachtet darf es selbstverständlich nicht dazu kommen, dass Kinder gemeldet werden, die es nicht gibt oder die keine Anspruchsberechtigung haben. Damit der Staat nicht zum Selbstbedienungsladen wird, müssen natürlich wirksame Kontrollen durch die Ministerien vorgenommen werden. Wenn der Rechnungshof nun aufdeckt, dass diese Kontrollen fehlen, ist das höchst problematisch", so Wolfgang Zinggl, Klubobmann der Liste Pilz. (red)