Gedenken an Holocaust-Opfer

Zeitzeugin mahnt: "Hass macht krank und blöd"

Zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust meldete sich die Zeitzeugin Erika Freeman mit einer bewegenden Erklärung.
Newsdesk Heute
27.01.2025, 22:11

Zeitzeugin Erika Freeman suchte am Montag, dem Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust, den Dialog mit Schülerinnen und Schülern im Parlament in Wien und schilderte ihre Erlebnisse am Abend auch in der "ZIB2" bei ORF-Moderator Armin Wolf. Bei der Diskussionsveranstaltung für Schülerinnen und Schüler im Parlament – geladen hatten Nationalratspräsident Walter Rosenkranz, Bundesratspräsidentin Andrea Eder-Gitschthaler, Zweiter Präsident des Nationalrats Peter Haubner und Dritte Präsidentin des Nationalrats Doris Bures – schilderte die spätere Psychoanalytikerin ihre Flucht aus Wien vor den Nazis.

Freeman wurde 1927 als Tochter von Arthur und Rachel Polesiuk in Wien geboren, musste nach dem "Anschluss" an das nationalsozialistische Deutsche Reich die Schule wechseln und an das hebräische Chajes-Gymnasium, das einzige für jüdische Schülerinnen und Schüler verbliebene Gymnasium. Erikas für die tschechische Sozialdemokratie tätiger Vater wurde ins KZ Theresienstadt verschleppt, galt als tot, bis Freeman Jahre später erfuhr, dass er überlebt hatte und nach Schweden auswandern konnte.

Pflicht gezogen, die Welt zu verbessern

"Wunder passieren immer, aber manchmal brauchen sie ein wenig", so die Zeitzeugin, die ebenso berichtete, wie Adolf Hitler unter großem Jubel in Österreich einmarschiert sei – zu diesem Zeitpunkt habe man "gewusst, was nun in Österreich folgen" werde. Freeman berichtete über körperliche Angriffe nach der Schule, "man hat die Juden immer gehasst", sie aber habe Kraft aus der Pflicht gezogen, die Welt zu verbessern. "Sei das Gute!", sagte Freeman, "Selbstsucht ist dumm, Hass macht krank und blöd". Und: "Lass dir nicht einreden, dass du etwas nicht kannst", "mach dich nicht wichtig, mach dich richtig".

Freeman schilderte außerdem, dass ihre Mutter bis zum Kriegsende in Wien überleben konnte, jedoch bei einem der letzten schweren Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs im "Philipphof" am Albertinaplatz im März 1945 ums Leben kam. Warum für ihre Mutter kein Wunder geschehen sei? "Vielleicht wollte Gott sie früher bei sich haben", sagte Freeman. Sie selbst hätte die Möglichkeit gehabt, nach Palästina auszuwandern, habe sich aber entschieden, zu Verwandten nach Amerika zu gehen.

Vom Waisenhaus zur gefragten Psychoanalytikerin

Als Zwölfjährige verließ Erika Wien mit einem Zug nach Amsterdam, gelangte mit einem Schiff nach New York – und stand dort vor massiven Problemen. Ihre Verwandten hätten sie nicht gemocht und ihren Schilderungen der Nazis keinen Glauben geschenkt, so Freeman, sie sei erst zu Psychiatern geschickt und schließlich in ein jüdisches Waisenhaus gebracht worden, wo sie weiter aufwuchs. Die Überlebende schaffte es zur Psychoanalytikerin und zur Beraterin zahlreicher Stars und Politiker. Im Jahr 2022 nahm Freeman wieder die österreichische Staatsbürgerschaft an, lebt im Wiener Hotel Imperial und ist weiter als Psychotherapeutin tätig.

"Man muss doch irgendwie nützlich sein, und jedes Leben hat irgendwie einen Sinn", so Freeman dazu, warum sie sich ihre Auftritte und Aufklärung noch antue. Haben wir aus der Geschichte etwas gelernt? "Ja, aber die Leute, die etwas lernen sollten, nicht", so die Zeitzeugin. "Wir haben nicht gelernt, wie so etwas nie wieder passieren kann", so Freeman. "Man kann sich nicht vorstellen, was man sich nicht vorstellen kann", so Freeman dazu, dass wir nicht darauf vorbereitet seien, so etwas nie wieder geschehen zu lassen.

"Das sind keine Menschen, das sind Nazis"

"Das sind keine Menschen, das sind Nazis", so Freeman auf die Frage, wie Menschen so etwas wie die Massenvernichtung in den Konzentrationslagern überhaupt tun könnten. "Wenn du Nazi bist, bist du kein Mensch mehr, du bist ein Tier. Ein Faschist hat ein Gewissen, ein Nazi hat kein Gewissen", so Freeman. Man sage ihnen, wen man hassen solle, und das würden sie tun, so Freeman. "Die Österreicher wollten etwas Charmantes glauben", mahnte Freeman, sie würden ein Risiko eingehen, "sie meinen, jeder ist ein Walzer, ist er nicht", so die Zeitzeugin. "Hör auch, dich zu sorgen, denk an etwas Gutes, mach Hoffnung, Sorgen helfen gar nichts", so Freeman. Höre man auf Lügner, mache man möglich, dass so etwas wieder passieren könnte.

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 27.01.2025, 22:15, 27.01.2025, 22:11
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