Wien

Geflüchtete Artistin unterrichtet nun Zirkus-Nachwuchs

Mit ihrem vierjährigen Sohn floh Iryna aus der Ukraine nach Wien. Hier zeigt die Artistin dem Zirkus-Nachwuchs, wie Trapez und Co. funktionieren.

Yvonne Mresch
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Artistin Iryna (38) floh zu Kriegsbeginn aus ihrer Heimat nach Österreich. In Wien unterrichtet sie den Artisten-Nachwuchs.
Artistin Iryna (38) floh zu Kriegsbeginn aus ihrer Heimat nach Österreich. In Wien unterrichtet sie den Artisten-Nachwuchs.
Sabine Hertel

Das Reisen gehört bekanntlich zum Alltag von Zirkus-Artisten. Doch auf diese Reise war Iryna keineswegs vorbereitet. Als die ersten russischen Angriffe die Ukraine trafen, packte die 38-jährige ihre Sachen und verließ gemeinsam mit Sohn Michael (4) das Land. "Wir schliefen zwei Nächte lang auf einem Bahnhof in Polen. Es war schlimm. So konnte es nicht weitergehen", erzählt sie im Gespräch mit "Heute". Die junge Familie entschloss sich, nach Wien weiterzuziehen.

Jonglieren, Clownerie, Trapez: Hier sind die Kleinsten die Stars

Ein Stück Ablenkung von Trauer, Krieg und Verzweiflung bietet der jungen Frau das wohlbekannte Zirkus-Leben. "Über einen gemeinsamen Freund bin ich zu Louis Knie gekommen", erzählt Iryna. "Er hat mir seine Hilfe angeboten und ich war überglücklich!" Seitdem gehört die leidenschaftliche Tänzerin und Akrobatin zum Zirkus-Team. Und sie ist nicht die einzige: Knapp 20 ukrainische Artisten unterrichten – gemeinsam mit Pädagogen – Kinder und Jugendliche zwischen 5 und 15 Jahren im Jonglieren, Clownerie, am Trapez, am Pferd und vielem mehr. Bereits vor dem Krieg waren zwei ukrainische Artisten bei Louis Knie tätig. Mit Ausbruch des Krieges stießen immer mehr Angehörige zum Team. "Wir haben überlegt wie wir helfen können und das war eine Möglichkeit", so der Chef.

Die Kurse finden an vier Terminen im Juli, jeweils von Montag bis Freitag, bei der Donaumarina statt. Gründer Louis Knie stand selbst bereits mit fünf Jahren in der Manege. "Damals hat mein Vater auf mich aufgepasst und der Elefantenbulle Sahib hat mir aufs Wort gehorcht", erzählt er. "Heute arbeiten wir nur mehr mit Ponys und Hunden und zeigen, wie man ein Trapez verwendet oder auf dem Seil tanzt. Und wer lieber als Clown auftreten möchte, der setzt sich eine rote Nase auf und wir helfen ihm dabei, sich eine lustige Nummer auszudenken." Highlight der Circus-Schule ist die große Abschlussvorstellung nach der Ausbildungswoche, bei der das Erlernte Mama, Papa und Großeltern dargeboten wird.

"Er fragt mich immer, wo sein Papa ist"

Während Iryna den Zirkus-Nachwuchs unterrichtet, sitzt ihr Sohn in der Manege und schaut der Mama staunend zu – immer ausgestattet mit ausreichend Spielzeug, um die traurige Realität für einige Stunden vergessen zu können. "Er vermisst sein Spielzeug zuhause, das sagt er mir ständig", erzählt Iryna. Noch mehr vermisst der kleine Junge aber seinen Papa, der in der Heimat zurückbleiben musste. "Er fragt ständig nach ihm, sagt mir, er will wieder nach Hause und seinen Papa sehen. Ich weiß nicht, was ich ihm sagen soll. Ich will einfach nur, dass dieser Krieg aufhört. Bis dahin ist der Zirkus eine willkommene Ablenkung." Mehr Infos zur Circus-Schule finden Sie unter www.louisknie-circusschule.at

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