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Zu viel Navi schadet dem Hirn

Selbst für einfachste Strecken wird heute oft das Navi verwendet. Das hat Konsequenzen und erhöht laut Experten die Gefahr einer Demenzerkrankung.

Heute Redaktion
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Wie hat man früher eigentlich eine Adresse gefunden? Heute ist es für viele Autofahrer kaum mehr vorstellbar, ohne Navigationshilfe irgendwo hinzufahren, geschweige denn etwas zu suchen. Bei abgelegenen Destinationen ist das durchaus verständlich. Doch für viele Autofahrer gehört es mittlerweile automatisch dazu, mit dem Startknopf gleichzeitig auch das Navi hochzufahren.

Selbst in einem eigentlich bestens bekannten Gebieten lässt man sich heute gern vom Assistenzsystem leiten, anstatt sich selber zu orientieren. Und bequeme Einrichtungen wie der weit verbreitete "Nach Hause"-Knopf regen auch nicht unbedingt dazu an, dass man seine grauen Zellen selber anstrengt.

Plädoyer für mehr Natur

Genau das sollte man jedoch wieder öfter tun, rät der englische Experte David Barrie. Der Navigationsfachmann ("Supernavigators – How Animals Find Their Way") appellierte kürzlich an einer Tagung daran, seinen Orientierungssinn wieder mehr einzusetzen und dafür das Navi öfter mal ausgeschaltet zu lassen.

"Je mehr wir uns auf technische Hilfsmittel verlassen, desto weiter weg entfernen wir uns von unseren natürlichen Sinnen", so der ehemalige Diplomat. Ein Teil der Natur zu sein und sich auf den natürlichen Orientierungssinn zu verlassen, komme der modernen Bevölkerung dank Erfindungen wie Navigationsgeräten immer mehr abhanden. Wie bestimmte Tiere seien Menschen zudem durchaus fähig, sich anhand des Erdmagnetfeldes zu orientieren.

Für den Buchautor und Navigationsexperten ist die Verbundenheit mit der Natur weit mehr als nur romantische Schwärmerei. Laut Barrie verlieren Fahrer, die sich nur noch auf technische Hilfsmittel verlassen, wichtige Fähigkeiten – und fügen letztlich sogar ihrem Hirn Schaden zu. Insbesondere die Fähigkeit, Erinnerungen zu speichern und Probleme zu lösen, leide unter der akuten Navi-Abhängigkeit.

Ein Muskel, der trainiert sein will

Als mögliche Konsequenz warnt Barrie vor einem erhöhten Risiko, im Alter an Demenz zu erkranken. Erste Anzeichen einer Alzheimer-Erkrankung würden sich bei Betroffenen nicht ohne Grund oft in Symptomen wie Orientierungslosigkeit zeigen. Es sei deshalb eine gute Idee, diesen Bereich des Gehirns möglichst aktiv zu halten und "wie einen Muskel zu trainieren", wie Lisbeth Stocker von Alzheimer Zürich sagt.

Tatsächlich haben wissenschaftliche Tests gezeigt, dass Navigationsschwierigkeiten ein Indikator für eine drohende Alzheimer-Erkrankung sein können. Lange bevor das Erinnerungsvermögen leidet, deuten Schwierigkeiten, kognitive Landschaften in einer neuen Umgebung zu erstellen, darauf hin, dass sich die heimtückische Krankheit ankündigt.

Ob der Hippocampus – also jener Teil des Gehirns, in dem Erinnerungen gespeichert werden und der Orientierungssinn sitzt – bei einer übermäßigen Navi-Abhängigkeit tatsächlich schrumpft, wie Barrie behauptet, ist wissenschaftlich nicht erwiesen. Doch das Hirn und das Herz fit zu halten, sei grundsätzlich gut, wie Nani Moras, Kommunikationsbeauftragte bei Alzheimer Schweiz, bestätigt: "Denkarbeit ist ein guter Tipp, um das Risiko einer Demenzerkrankung zu senken. Genauso wichtig sind aber eine gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und soziale Kontakte, die sich positiv auf die grauen Zellen auswirken." (srt)

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