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Zweimal pro Jahr teilt sich das Meer vor Korea

In Südkorea ereignet sich regelmäßig ein unglaubliches Schauspiel: Das Meer öffnet eine Passage zwischen den Inseln Jindo und Modo.

Heute Redaktion
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Jedes Jahr pilgern tausende Menschen auf die Insel Jindo vor der Küste Südkoreas. Dies jedoch nicht, um der Opfer des Sewol-Fährunglücks zu gedenken: Statt auf Katastrophen-Tourismus sind sie auf ein Naturspektakel aus.

Zwei- bis dreimal pro Jahr spielt sich hier etwas ab, das laut Bibel bisher nur Moses gelungen ist: Das Meer teilt sich für jeweils etwa eine Stunde und öffnet den Menschen einen Weg von Jindo zur rund 2,8 Kilometer entfernten Nachbarinsel Modo.

Selten und lange unbekannt

Anders als in einer aus dem 15. Jahrhundert überlieferten Legende erwähnt (siehe Box) ist ein Zusammenspiel von Meeresströmungen und Gezeiten für das Naturspektakel verantwortlich: Im Laufe der Jahrhunderte haben die Wellen zwischen den Inseln eine langgestreckte Sandbank geschaffen. Normalerweise wird diese vom Meer überspült, so dass sie nicht zu erkennen ist.

Aber zwei- bis dreimal im Jahr zwischen April und Juni – je nachdem, wie die Tage des Mondkalenders fallen – geht das Wasser bei Ebbe so stark zurück, dass die sonst unsichtbare Sandbank zur Landbrücke wird und die Menschen das "Jindo Miracle Sea Road Festival" feiern.

Die Legende von Grossmutter Pong

Eine nicht-wissenschaftliche Erklärung für das Phänomen liefert die Legende von Grossmutter Pong: Laut dieser lebten früher zahlreiche Tiger auf Jindo. Als diese jedoch anfingen, in die Dörfer der Menschen einzufallen, flohen die Bewohner in aller Eile über das Meer nach Modo. Grosi Pong ging jedoch vergessen. In ihrer Not betete sie Tag und Nacht zum Gott des Meeres um Rettung – und wurde erhört: Am nächsten Tag teilte sich das Wasser und Grossmutter Pong konnte zu ihrer Familie. Heute erinnert eine Statue am Ufer an sie.

Feiern, wandern, futtern

Obwohl das schon seit Jahrhunderten geschieht, wusste außerhalb der Landesgrenzen kaum jemand davon. Das änderte sich erst als Pierre Randy, der damalige französische Botschafter in Korea, das Schauspiel 1975 in einem Zeitungsartikel als "Moses-Wunder" beschrieb.

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Seither kommen Menschen aus aller Welt ans Südostende von Jindo, um die Teilung mitzuverfolgen und anschließend die entstehende Landbrücke zu entern – um Modo zu erreichen oder um die Zutaten fürs Abendessen zu suchen.

Im freigelegten Schlick finden sie – zumindest aus koreanischer Sicht – allerhand Köstlichkeiten: Seetang, Schnecken und jede Menge Krustentiere, die häufig noch vor Ort zubereitet und verzehrt werden.

So etwas gibt es sonst nirgendwo auf der Welt. (Video: Youtube/Steve Miller)