Politik

ORF-Mitarbeiter sollen nicht mehr "liken" dürfen

13.09.2021, 20:15
Teilen
ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz.
Bild: Helmut Graf

Wellen schlagen weiter die neuen Social-Media-Regeln für ORF-Mitarbeiter. Während der ORF-Chef von einem "Entwurf" spricht, ist die Aufregung groß.

"Die private Nutzung dieser Plattformen ist als Ausdruck freier Meinungsäußerung und demokratischen Diskurses grundsätzlich begrüßenswert", heißt es in einem Schreiben, das von ORF-Boss Alexander Wrabetz an die Mitarbeiter ging. "Die Funktionsweise sozialer Medien bringt allerdings eine andere Art der Wahrnehmung und Zuordnung von Inhalten mit sich, die eine Unterscheidbarkeit von beruflicher und privater Sphäre für Dritte erschweren oder gar unmöglich machen kann", heißt es aber weiter. Um "Objektivität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit" der Arbeit garantieren zu können, sollten ORF-Mitarbeiter deswegen auf eine Reihe von Aktivitäten zu verzichten – und das als Privatperson! Nicht nur, dass Social-Media-Nutzer nicht "Zustimmung, Ablehnung oder Wertung" zu "politischen Institutionen, deren Vertreter/innen oder Mitgliedern" veröffentlichen sollen, sie sollen auch auf Postings verzichten, deren Inhalte als solche interpretierbar sind. Im Zweifelsfall nicht einmal mehr Likes Dabei macht der "Leitfaden" aber nicht Halt. Auch solche Meinungen anderer sollen nicht kommentiert, bestätigt oder verneint werden. Wobei gilt: "Meinungsbekundungen können dabei sowohl durch direkte Äußerungen erfolgen als auch indirekt durch Zeichen der Unterstützung/Ablehnung wie Likes, Dislikes, Recommends, Retweets oder Shares" erfolgen. Bedeutet: ORF-Mitarbeiter sollen im Zweifelsfall auch privat Postings nicht einmal mehr "liken", als mit einem "Gefällt mir", ausstatten dürfen.

"Im Zweifel ersuche ich darum von einer Meinungsäußerung Abstand zu nehmen", so Wrabetz weiter. Und: "Diese ORF Social Media-Leitlinien sind als Dienstanweisung von allen journalistischen und programmgestaltenden Mitarbeiter/innen des ORF zu befolgen und gelten für Tochtergesellschaften als Gesellschafterweisung. Die jeweiligen redaktionellen Vorgesetzten (Chefredakteure, Hauptabteilungsleiter/innen) haben die Einhaltung der ORF Social Media-Leitlinien sicherzustellen und zu kontrollieren."

Maulkorberlass? "Absurd" Besonders auf Twitter laufen nicht nur österreichische Journalisten, sondern auch die deutschen Kollegen und die ORF-Mitarbeiter selbst Sturm. "Um meinen tollen Job beim öffentlich-rechtlichen Radio zu behalten, darf ich also in Hinkunft nichts mehr öffentlich äußern, was als 'Kritik' interpretiert werden kann", so ein Nutzer. Zahlreiche Beobachter sprechen von einem "Maulkorberlass".

"Absurd", sagt Wrabetz zu diesem Vorwurf im Gespräch mit der APA. Es handle sich bisher nur um einen Entwurf, der noch mit Redakteursvertretung und Betriebsrat abgestimmt werde. Diese Abstimmung solle in der zweiten Julihälfte erfolgen, danach sehe man, wie eine solche "empfehlende Richtlinie ohne Sanktionen" aussehen könne. (red)