Niederösterreich

Tote Baumeisterin (86): Die Lebenslüge des Top-Bankers

Prozessauftakt heute am Landesgericht Wr. Neustadt: Peter I. musste sich wegen Mordes an Bauherrin Emma S. (86) verteidigen.

21.07.2020, 10:41
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Der Angeklagte
Lenger

Großes mediales Interesse heute am Landesgericht Wr. Neustadt: Der von Astrid Wagner und Wolfgang Blaschitz verteidigte Top-Banker und Jurist Peter I. (62) betrat im feinen Zwirn den Schwurgerichtssaal.

Er soll im September 2019 die Baumeisterin Emma S. (86) mit einer mit Kleingeld gefüllten Burlingtonsocke und einer Frischhaltefolie getötet haben.

30 Jahre Betreuer

Rückblick: Drei Jahrzehnte lang hatte sich Peter I. um die Finanzen der gut betuchten Emma S. (86) aus Edlitz (Bezirk Neunkirchen) gekümmert, soll dabei rund 700.000 € verspekuliert haben. 17 Jahre lang verschwieg er die Verluste erfolgreich. Als die Bauherrin dann aber ihr Vermögen auf ihre Hausbank in NÖ transferieren lassen wollte, geriet Peter I. unter Druck.

Angst um guten Ruf

Aus Angst um seinen guten Ruf soll er laut Anklage bereits Monate vor der Tat Mordpläne geschmiedet haben - wollte den Tod der Seniorin als Unfall oder Überfall tarnen (Anm.: er wollte ihr den Sparstrumpf über den Schädel ziehen und dann ihren Kopf gegen die Kellertreppe schleudern). Zwei Mal nahm er laut Anklage von seinem Vorhaben im letzten Moment Abstand.

    Der Angeklagte
    Lenger

    Am 16. September 2019 erschien er zu einem kurzfristigen Termin in Edlitz mit Handschuhen, einer mit Kleingeld gefüllten Burlingtonsocke und Frischhaltefolie. Dabei gestand er die hohen Verluste, die Rentnerin tobte. Denn von gut 700.000 Euro sollen nur noch rund 100.000 Euro übrig gewesen sein. Da soll Peter I. mit der Socke zugeschlagen haben und die Folie gezückt haben.

    Todeskampf

    Nur: Die Alte entwickelte im Todeskampf enorme Kräfte, Nachbarn hörten Schreie und klopften an. Peter I. konnte am Tatort nichts mehr zurecht richten, musste übers Fenster flüchten, ließ das Leihauto stehen und lief Richtung A2. Dort warf er sich verzweifelt vor einen Lkw (Anm.: brauchte zwei Versuche, der erste Lkw-Lenker wich aus), überlebte verletzt („Heute“ berichtete).

    Prozessauftakt

    Der angeklagte Peter I. zeigte sich am heutigen Dienstag tatsachengeständig: "Ich bekenne mich schuldig, die Frau Baumeister am 16. September getötet zu haben." Überhaupt nannte der angeklagte Banker das Opfer stets ehrfurchtsvoll Frau Baumeister. "Es war ihr sehr wichtig, das Geld, das sie von ihrem Vater bekommen hat, zu erhalten", so der Angeklagte weiter.

    Lebenslüge

    Anwältin Astrid Wagner erläuterte: "Er hat sich nicht getraut, ihr die Verluste zu sagen. Das war der Anfang dieser Lebenslüge." Mit Umschichtungen habe der Banker zwar versucht, den Schaden wettzumachen. Dies sei teilweise gelungen, bis es "am Aktienmarkt wieder runter" gegangen sei. Wagner sprach von einer klassischen Affekt-Handlung. "Er kam am 16.9. nicht mit dem Vorsatz, sie zu töten, er wollte reinen Tisch machen", so die beiden Anwälte. 

    "Und als es an der Tür klopfte verlor er die Nerven. Er ist intelligent genug, um es gescheit machen zu können, wenn er es wirklich wollen hätte", warf Wagner weiter ein.

    Die Richterin wollte vom angeklagten Banker wissen: "Wie kommt man auf die Idee mit dem Sparstrumpf?"

    Die Beichte des Bankers

    Der Banker zur Frage der Richterin: "Vielleicht habe ich das irgendwo mal gelesen, ich schäme mich, Frau Rat." Ganze 17 Jahre habe er die Verluste verheimlichen können. "Am 19. September war ein Fixtermin mit der Frau Baumeister, da wäre ich ohnedies aufgeflogen", so der Angeklagte.

    Mit einem Mietauto sei er hingefahren: "Zu sowas fährt man nicht mit dem eigenen Auto und einen möglichen Selbstmord wollte ich auch nicht in meinem Wagen begehen", so der Banker. Die Frischhaltefolie habe er drei Wochen vor der Tat beim Spar in Purkersdorf gekauft. Zum 16. September 2019 meinte der Banker: "Ich gestand ihr also die Verluste. Sie warf mir vor, ich hätte sie belogen und sie nannte mich einen Verbrecher."

    Über die Tat selbst meinte der Angeklagte: "Es war völlige Stille und die Frau Baumeister lag da." Und dann hätte der Nachbar geklopft: "Ich dachte mir, überall sind meine Spuren - jetzt ist alles aus."

    Es droht lebenslang

    Am Nachmittag und am 28. Juli sind Zeugen und Gutachter geladen.

    Ein Urteil wird am 28. Juli erwartet, Peter I. droht eine lebenslange Freiheitsstrafe, es gilt die Unschuldsvermutung. 

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