Wien

Wiener Mama findet keinen Kassenarzt für ihre Kinder

Elf Kassenstellen für Kinderärzte in Wien sind unbesetzt. Viele Eltern müssen auf teure Privat-Ordis ausweichen. Eine betroffene Mama erzählt.

13.02.2022, 20:20
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Vielen Eltern bleibt nur die Möglichkeit, mit ihren Kleinen zu einem teuren Privatarzt zu gehen.
Getty Images

22.363 Einwohner kommen in Wien-Liesing auf einen Kinderarzt mit einem Krankenkassen-Vertrag, insgesamt gibt es in dem Wiener Flächenbezirk gerade einmal fünf Mediziner, die ihre Dienste nicht nur privat anbieten. 

Wer vor kurzem ein Kind bekommen hat, oder – wie im Fall von Helene S. (39) vor kurzem in den Bezirk gezogen ist – für den beginnt die oft vergebliche Suche nach einem Kassen-Kinderarzt. "Meine Buben – vier und acht Jahre alt – und ich wohnen erst seit kurzem in Liesing. Unser alter Kinderarzt ist in Rudolfsheim-Fünfhaus, wo wir früher gewohnt haben", erzählt die Alleinerzieherin. Zwar war sie bisher immer sehr zufrieden mit der medizinischen Betreuung durch ihren Arzt. Bei jedem Schnupfen oder kleinem Ausschlag der Kinder durch halb Wien zu fahren, ist für die Alleinerzieherin aber zeitlich fast unmöglich.

"Wir nehmen derzeit keine neuen Patienten"

Also suchte sie in der nähe ihrer neuen Wohngegend einen Kassenarzt für ihre Buben. "Die meisten Kinderärzte sind leider nur mehr privat. Und die wenigen, die noch Kassenleistungen anbieten, haben seit langem einen Aufnahmestopp", so die genervte Mutter. "Ich habe es bei drei Ordinationen versucht, die für uns relativ gut erreichbar sind. Bei allen bekam ich die gleiche Antwort: ,Es tut und leid, aber wir nehmen derzeit keine neuen Patienten auf."

Bei Privat-Ordinationen gibt es dieses Problem nicht, neue Patienten sind hier gerne gesehen. Ein Besuch kostet dann aber an die 100 Euro – oder auch mehr. "Ich bin Alleinerzieherin. Ich will natürlich nur das beste für meine Buben, aber auf Dauer kann ich mir das einfach nicht leisten", so die Liesingerin.

Nur ein Kassen-Kinderarzt in der Brigittenau

Der Wiener Ärztekammer ist das Problem durchaus bekannt. In manchen Bezirken ist die Situation sogar noch schlimmer, wie Zahlen der Kammer zeigen. So gibt es in der Brigittenau gerade einmal einen Kinderarzt mit Kassenvertrag. 85.237 Einwohner kommen hier auf diese eine Ordination. Auch in der angrenzenden Leopoldstadt, in der 52.630 Menschen leben, gibt es nur zwei Kassen-Kinderärzte.

Auch immer weniger Kassen-Ordis von Hausärzten

Wienweit ging die Zahl der niedergelassenen Fachärzte für Kinder- und Jugendheilkunde von 91 im Jahr 2010 auf 71 im Vorjahr zurück. Auch bei den sogenannten Praktischen Ärzten ist ein starker Rückgang bei den Kassen-Ordinationen zu sehen: Waren es 2010 noch 807 Ärzte, die "auf Kasse" behandelten, so waren es 2021 nur mehr 713. Auch hier geht der Trend eindeutig in Richtung Privat-Ordination.

Und auch bei der seelischen Gesundheit der jungen Wiener gibt es eine riesige Baustelle: Durch die Pandemie und ihre Folgen sind auch die Wiener Kinder- und Jugendpsychiater stark gefordert – und überlastet.

Wie am Sonntag bekannt wurde, rüstet die Stadt nun bei kinder- und jugendpsychiatrischen Plätzen auf: Neben neuen Planstellen soll es auch weitere Ärztezentren geben.

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    Sabine Hertel, Google Maps, zVg